Bullet Train Kritik: Wie Snakes on a Train im Jahr 2022

Letzte Woche lief der neueste Film von David Leitch in den Kinos an. In Bullet Train kämpft und schießt sich Brad Pitt durch einen japanischen Schnellzug. Wie gut die Action-Komödie im Agatha-Christie-Style geworden ist, findet ihr in meiner Kritik heraus.

Um was geht’s?

Der unglückliche Auftragsmörder Ladybug (Brad Pitt) wird eigentlich eher für kleinere Missionen eingesetzt. Als jedoch ein anderer Attentäter krankheitsbedingt ausfällt, soll er für ihn einspringen. Im schnellsten Zug Japans macht Ladybug nun Jagd auf einen Aktenkoffer voller Geld, der seiner Kontaktperson (Sandra Bullock) wichtig ist.

Zwar findet er den Koffer recht schnell, allerdings stellt sich heraus, dass das entwendete Gepäckstück eigentlich den Auftragskillern Lemon (Brian Tyree Henry) und Tangerine (Aaron Taylor-Johnson) gehört. Und die sind auf dem Weg von Tokio nach Kyoto, um den von den Triaden befreiten Sohn des Gangsterbosses „Der Weiße Tod“ (Michael Shannon) an ebenjenen zu überbringen.

Schnell stellt sich heraus, dass es für Ladybug gar nicht so einfach ist, den Schnellzug zu verlassen. Und von Station zu Station steigen immer zwielichtere Gestalten mit ein. Ob aus einem zunächst Mal banal klingenden Plot ein guter Film geworden ist, findet ihr in meiner Kritik heraus!


Filmkritik zu Bullet Train

2014 hob David Leitch einen der wohl gelungensten Action-Helden aller Zeiten aus der Traufe: John Wick begeisterte mit einer einfachen Rachegeschichte, aber unglaublich guter Action. Danach begann die Karriere des Regisseurs etwas zu stocken: Zunächst wurde sich bei Atomic Blond mit einer Art weiblichem John Wick versucht. Dann driftete David Leitch mit Deadpool 2 und zuletzt Fast and Furious: Hobbs and Shaw komplett in das Populärkino ab.

Mit Bullet Train erschafft der Regisseur, der seine Karriere übrigens unter anderem als Stuntdouble von Brad Pitt begann, jetzt endlich wieder einen sehenswerten Actionfilm. Dabei erfindet er das Genre zwar nicht neu. Bullet Train kopiert sich vieles aus bekannten Werken von Agatha Christie bis Snakes on a Plane und Non Stop zusammen. Allerdings macht ihn die Mischung aus einem extrem gut ausgewählten Ensemble-Cast und gelungen inszenierter Action zu einer glasklaren Empfehlung für all jene, die genug haben von der drölfzigsten Marvel-Action-Schnarch-Nummer.

Zunächst mal beweist Bullet Train eine Sache: Das Pacing ist extrem wichtig in Filmen wie diesem. Bullet Train schafft es über einen Großteil seiner Lauflänge keine Langeweile aufkommen zu lassen. Doch gerade am Ende haperts dann doch: Die letzten ca. 30 Minuten wirken etwas gestreckt und hätten auch locker auf die Hälfte runtergekürzt werden können.

Trotzdem macht der Film den Rest der Zeit einen richtig guten Eindruck. Flotte Sprüche, gut inszenierte Action und spannende Dialoge wechseln sich immer wieder ab und haben zumindest mich recht gut in den Kinosessel gefesselt. Die Mischung aus diesen drei Dingen gelingt dem neuen Streifen mit Brad Pitt aber nicht zu jeder Zeit perfekt:

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Witz, geh baden

Bullet Train Der Wolf

An einigen vermeintlich lustigen Sprüchen hat man sich schnell satt gehört, manche funktionieren überhaupt nicht. In Momenten, in denen der Film sich augenscheinlich sehr an One-Linern aus früheren Filmen von David Leitch, wie etwa Deadpool 2 oder Fast and Furious, orientiert hat, wirken diese manchmal fast schon gezwungen. An anderen Stellen wiederholen sich Dialoge auf nervige Art und Weise. Gerade das Zusammenspiel der beiden Auftragskiller Lemon und Tangerine funktioniert nur 80% des Films nahezu perfekt. Die restlichen 20% merkt man aber einfach, dass den Autoren nichts mehr eingefallen ist.

Ähnlich geht das bei den schauspielerischen Leistungen von statten: Der Cast des Ensemble-Films lässt sich sehen, Brad Pitt ist natürlich der Shooting-Star. Aber auch Newcomer wie Joey King oder Zazie Beetz lassen sich sehen. Zumindest 80% der Filmlänge. Manchmal sind nämlich auch die Schauspielleistungen zu sehr „over-the-top“ und unnahbar. Die immer taffe „Prinzessin“ etwa kann einfach nicht die gesamte Lauflänge glaubhaft gegenüber dem Zuschauer verkauft werden.

Aber genau da spielt der Film auch eine große Stärke aus: Er nimmt sich zu keiner Zeit ernst. Und dadurch nimmt man ihm das eben Kritisierte viel weniger übel. Auch wenn die Wortgefechte nur zur Hälfte witzig sind oder das Schauspiel einen immensen „over-the-top“-Charakter hinlegt: Wenn nix davon so wirklich ernst genommen wird, kauft man es dem Drehbuch eben ab. Oder wird daran erinnert, dass dieser Film auf einer absurden Grundlage fußt.

Denn wie wahrscheinlich ist es, dass fast ein Dutzend Auftragskiller sich in einem leeren Schnellzug zwischen zwei der größten Städte der Erde prügeln können? Der Film verrät es am Ende natürlich. Was das ganze Szenario jedoch nicht wirklich glaubwürdiger macht. Und trotzdem hat mir der Plot Spaß gemacht. Er führt das Prinzip von „Menschen, die unterschiedliche Interessen haben, sitzen gezwungenermaßen aufeinander“ ganz klar fort. Auch wenn dieses Szenario nicht das Kreativste ist, wurde es doch schon so oft in Hollywood verwendet, weiß Bullet Train doch auf Kreative Art und Weise damit umzugehen.

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Nicht nur Fußnoten

bullet train brad pitt
Brad Pitt spielt den alteingessesenen, aber vom Schicksal nicht gerade gesegneten Auftragskiller.

Auch wenn die meisten der Charaktere nur so vor Klischees triefen, weiß der Film doch, wie er mit ihnen umzugehen hat, damit sie nicht nur als Fußnote im Gedächtnis der Zuschauer verbleiben. Denn sämtliche Charaktere sind eigentlich voll sympathisch! Mit immer kecken Sprüchen auf der Zunge, nachvollziehbaren Motiven und zum Ende hin einer Bindung zum Zuschauer schaffen sie es, mich zu überzeugen.

Aber Bullet Train ist in seinem Kernelement natürlich kein Charakterdrama, sondern ein High-Concept-Film, der Action mit Comedy vereinen will. Zum Comedy-Teil habe ich schon genug geschrieben, also kommen wir noch zur Action. Wenn man sich die Filmographie von David Leitch anschaut, wird man schnell erkennen, dass er das Hollywood-Action-Kino der letzten Jahre mit seinen Filmen durchaus geprägt hat. Zu einen durch stylische und kreative Streifen wie John Wick und Atomic Blond. Zum anderen mit seiner Prägung durch das Blockbuster-Mainstream-Kino ala Deadpool 2 und Hobbs and Shaw.


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In Bullet Train vermischt er diese zwei Richtungen zu einem gelungenen Genremix aus Action und Komödie. Und die Action ist meistens auch echt gut gelungen. Die Kamera hält in vielen Momenten drauf, vor Gewalt wird auch nicht zurückgeschreckt und manchmal erinnert der Film gar an alte Jackie-Chan-Klassiker. Allerdings gibt es auch zwei kleinere Einschränkungen:

Zum einen stören mich manche der eingesetzten Zeitlupen. Warum baut man sowas in Szenen ein, die es überhaupt nicht nötig haben? Man weiß es nicht. Zum anderen merkt man vor allem Brad Pitt sein Alter schon etwas an. Da wird dann mal mit der Kamera und dem Schnitt getrickst und man erkennt einfach, dass auch ein Superstar wie er nicht ewig jung bleibt.

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Fazit & Bewertung

Nichtsdestotrotz bietet Bullet Train Action-Unterhaltung vom Feinsten mit einer Priese Witz, der mal mehr und mal weniger funktioniert. Die Schauspieler leisten meistens einen echt guten Job und vor allem das Pacing funktioniert im neuen Film von David Leitch. Wer jedoch eine tiefgründige Geschichte oder einen etwas ernsthafteren Film in der Art von The Batman oder James Bond erwartet, wird hier enttäuscht.

Viel mehr sollte man sich als geneigter Zuschauer auf ein Action-Spektakel mit einem denkbar ausgelutschten Ausgangspunkt, einem Zug voller Auftragskiller und sogar einer Schlange, einstellen, der manchmal One-Liner und Witzchen hat, die funktionieren, und manchmal solche, die es nicht tun. Gerade fürs Sommerloch, wo tendenziell eher weniger Filme und dann meist solche, die kein Mensch gebraucht hat, herauskommen, bietet Bullet Train eine angenehme Abwechslung.

Habt ihr den neusten Film von David Leitch schon gesehen oder habt ihr gar keinen Bock auf solche Art von Filmen? Schreibt es mir gerne in die Kommentare. Einem ganz anderen Genre ist der Film Men zuzuordnen. Lest meine Kritik hier.

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Bullet Train startet am 4. August 2022 in den deutschen Kinos.

© Copyright aller Bilder bei Sony Pictures Entertainment.

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Lukas Egner

Ich bin der Gründer von filmfreitag und schaue leidenschaftlich gerne Filme und Serien aus jedem Genre. Ich bin 21 Jahre alt, studiere momentan Politik- und Medienwissenschaften und schreibe als freier Autor für verschiedene Film- und Videospielmagazine.

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2 Kommentare
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Simon H.
Simon H.
13. August 2022 3:14

Nach der Kritik freu ich mich jetzt richtig auf den Kinobesuch morgen! Man merkt, dass du genau weißt, was am Film gut ist und worauf man da so achten muss.

Danke für die tolle Review und weiter so!