Netflix-Film Damsel in der Kritik: Da kann selbst ein “Stranger Things”-Star nichts mehr retten!

Eine Jungfrau in Nöten, eine böse Stiefmutter und ein feuerspeiender Drache. Klingt wie ein Märchen der Gebrüder Grimm, ist aber die neueste Netflix-Produktion. Mit klassischen Märchen hat Damsel aber wenig zu tun und setzt stattdessen auf einen feministischen Ton. Ob das funktionieren kann, findet ihr in meiner Kritik heraus!

Um was geht’s?

Es ist das Jahr 1203. Oder doch 1450? Vielleicht auch 998. Jedenfalls ist es Mittelalter. Und Fantasy. Und Drachen. Und wunderschöne Schlösser. Und Königsfamilien. Und… halt, halt, halt. “Damsel” ist kein klassisches Märchen! Sondern spielt mit dem eigenen Namen: “Damsel”, das kennt man aus dem Englischen eigentlich mit dem beigefügten “in distress” und heißt dann so viel wie “Jungfrau in Nöten”. 

Eine oft genutzte Trope in vielen klassischen Märchen, in denen uns eine Prinzessin oder wunderschöne Maid als Jungfrau präsentiert wird, die natürlich vom strahlenden Ritter oder Prinzen gerettet werden muss. Und anfangs könnte man den neuen Netflix-Film auch so beschreiben: Die junge Prinzessin Elodie (Milly Bobby Brown) lebt in einem armen Königreich, das durch den harten Winter sehr zu leiden hat.

Ihr Vater, der König (Ray Winstone), sieht in einer Heirat mit dem Prinzen (Nick Robinson) eines majestätischen und reichen Königreichs die letzte Chance, sein Volk vor dem Hungertod zu retten. Also soll Elodie an den hübschen Prinzen Henry vermählt werden. Doch die märchenhafte Hochzeit entwickelt sich schnell zum Albtraum für Elodie, als sich das reiche Königreich als von einem Drachen verflucht herausstellt und sie sich in eben dessen Höhle wiederfindet. Ganz auf sich allein gestellt und ohne strahlenden Prinzen, der sie retten könnte…

Filmkritik zu Damsel auf Netflix

Es gibt zwar einen kurzen Prolog, der schon Schlimmes andeutet, allerdings fühlt man sich in den ersten 30 Minuten erstmal pudelwohl. Uns wird eine wunderschöne Mittelalter-Fantasy-Welt präsentiert, die mit allem Erwartbaren daherkommt. Dadurch aber auf den ersten Blick auch ziemlich generisch wirkt, was durch die Computereffekte, die Damsel stellenweise wie ein Videospiel aussehen lassen, nur verstärkt wird.

Eigentlich beginnt Damsel genau so, wie man sich ein klassisches Märchen vorstellt. Es gibt die wunderschöne Prinzessin, die zur Heirat gezwungen wird, die böse Stiefmutter (Angela Bassett), das verfluchte Königreich und natürlich den feuerspeienden Drachen. Man könnte meinen, man hätte sich in die Realverfilmung von Schneewittchen, Rapunzel oder Aschenputtel verirrt. 

Der viele Greenscreen wird aber glücklicherweise durch ein paar echt tolle Kostüme aufgelockert, die sich sehen lassen können. Ansonsten ist der Ersteindruck von Damsel aber zunächst getrübt. Es gibt nichts, was man nicht schon gesehen hätte und dazu kommt noch die stark wiedererkennbare “Netflix-Optik”, wie ich die ganze Ästhetik des Films hier mal nennen will. 

Dadurch wirkt Damsel zunächst wie ein in die Jahre gekommener, mittelmäßiger Fantasy-Streifen, dessen Handlung auch keine Bäume ausreißt. Doch der Ersteindruck täuscht, wie so oft. Ob das aber etwas Gutes ist, erfahrt ihr in den folgenden Zeilen.

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Damsel nimmt Fahrt auf

damsel film 2024

Was anfangs wie ein Film rüberkommt, dessen Plot man schon tausendmal erlebt hat und dessen Handlung meilenweit im Voraus erahnbar ist, entpuppt sich dann aber doch als etwas Eigenständiges. Wer es nicht schon durch den wenig subtilen Namen mitbekommen hat, der wird spätestens dann merken, dass der Film in eine ganz andere Richtung geht, wenn die frisch verheiratete Prinzessin von ihrem strahlenden Prinzen in die Drachenhöhle geschubst wird. 

Dann ist die Damsel also ziemlich in Distress. Eine tiefe, dunkle Höhle, aus der es kein Entkommen gibt, tut sich vor ihr auf. So scheint es zumindest zunächst. Und Elodie ist vollkommen auf sich allein gestellt, nur mit den pessimistischen Wandzeichnungen ihrer Schicksalsgenossinnen vor Augen. 

Die zweite Hälfte des Films widmet sich voll und ganz dem Überlebenskampf von Elodie und ihrem unerbittlichen Zwist mit dem Drachen, der die Höhle bewohnt. Dabei sind die ersten Minuten des Katz-und-Maus-Spiels zwischen Drache und Prinzessin noch recht unterhaltsam, spätestens dann, wenn Elodie laut schreiend vor der Kreatur davonläuft, hinkt es aber mit der Glaubwürdigkeit.

Neben ihrem immer perfekt gestyltem Gesicht scheint die junge Prinzessin nämlich auch eine ganz besonders dicke Schicht Plotarmour unter ihrem zerrissenen Kleid zu tragen. Und die beschützt sie vor so manchem Angriff des Drachen. Anders kann es wohl nicht erklärt werden, dass Elodie selbst dann überlebt, wenn sie lauthals kreischend durch die engen Gänge der Drachenhöhle rennt oder sich im letzten Moment in irgendwelche Nischen verkriecht. Ist das noch Zufall oder schon die höhere Macht der Drehbuchautoren?

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Schauspiel aus der Drachenhölle

Sonderlich glaubwürdig ist das ganze also nicht. Hinzu kommt dann noch, dass die Schauspieler die Glaubwürdigkeit durch ihr hölzernes, oft sogar unpassendes Schauspiel nicht gerade erhöhen. Vor allem die kleine Schwester von Elodie fällt hierbei immer wieder negativ auf. Aber auch die erwachsenen Schauspieler liefern gerade genug ab, damit man sie nicht vom Gehaltszettel streicht. 

Selbst Hauptrolle und “Stranger Things”-Star Milly Bobby Brown hat sich von ihrer Rolle der Eleven in der erfolgreichen Netflix-Serie wohl nie gelöst und spielt mit einer derartigen Gleichgültigkeit, die nur von ihrem Vater, dem König, überboten wird. Das ganze Schauspielensemble wirkt lustlos, was sich dann leider irgendwann auch auf uns Zuschauer überträgt. 

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Doch nicht ganz so feministisch

Dass aus der “Jungfrau in Nöten”, wie man sie aus so vielen Märchen, aber auch Hollywood-Blockbustern kennt, in Damsel eine sich selbst aus der Patsche helfende Prinzessin wird, klingt erst mal feministisch und progressiv. Immerhin haben wir es hier mit einer starken Frauenfigur zu tun, die sich selbst zu helfen weiß und nicht auf den strahlenden Ritter in goldener Rüstung wartet. Gerade in Fantasy-Werken sind solche Figuren auch heute noch rar gesät und das, wo das Fantasy-Kino doch ohnehin immer irrelevanter im modernen Kino wird.

Eine progressive Herangehensweise wäre deswegen doch eigentlich begrüßenswert, um neue Zielgruppen für das Genre zu gewinnen, oder? Ja klar, nur leider ist Damsel nur oberflächlich ein echt feministischer Streifen. Unter der Fassade verbirgt sich nämlich, wie schon in Barbie, eine rückschrittliche Ideologie.

Das fängt schon damit an, dass die namensgebende Damsel eine perfekt gestylte Prinzessin ist, die selbst dann nicht die Mascara verliert, wenn sie gerade von einem Drachen verfolgt wird. Was soll uns damit vermittelt werden? Dass Frauen sich zwar gerne in Gefahr begeben dürfen, dabei das Make-Up aber nie vergessen sollten? Und die Haare müssen bitteschön auch immer wunderschön sitzen.


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Was mich dann aber so richtig verwirrt hat, war die Darstellung anderer Frauenfiguren im Film. Am prominentesten aufgefallen sind mir die vielen Schicksalsgenossinen von Elodie, deren Überreste sie in der Höhle des Drachen findet. Immer wieder stößt sie auch auf Aufzeichnungen der Opfer. Sie alle haben den Sturz in die Drachenhöhle nicht überlebt. Doch was genau macht Elodie jetzt so besonders, dass sie, anders als alle anderen überlebt? Sie wird als die strahlende Heldin dargestellt, der scheinbar alles von Anfang an gelingt und die keinerlei Lernprozess erkennen lässt. 

Eine perfekte Figur also, die dadurch nicht nur unheimlich langweilig wird, sondern gar antifeministisch. Denn in diesem Netflix-Film wird genau eine Frau als etwas Besonderes dargestellt. Eine Frau ist die geborene Kämpferin. Eine Frau überlistet den Drachen. Eine Frau schlägt sich durch sämtliche Widrigkeiten. Selbst ihre Mutter und Schwester werden als hilflose Opfer inszeniert. Propagiert das nicht eher eine krude Autoritätshörigkeit auf den geborenen Helden, vom Schicksal auserwählt und nicht die feministische Sichtweise, nach der jede Frau es schaffen kann?

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Fazit & Bewertung

Trotz einer vielversprechenden Thematik entpuppt sich Damsel letztendlich als gar nicht mal so feministisch. Und obwohl der Netflix-Film zumindest einen Twist in die immer gleichen Fantasy-Filme bringt und eine starke weibliche Hauptfigur hat, enttäuscht die nicht nur drehbuchbedingt, sondern auch durch ihr lustloses Schauspiel.

Eine oft viel zu cleane, fast schon videospielartige Optik kann da auch nicht weiterhelfen und die Dialoge werden vermutlich ebenso keine Preise gewinnen. Da fragt man sich dann durchaus schon, für wen der Film überhaupt gemacht wurde? Familien können es nicht sein, dafür ist der Film zu explizit. Junge Erwachsene haben ihre Augen auf Anspruchsvolleres geworfen. Und der durchschnittliche Cineast empfiehlt statt halbgaren Fantasie-Klamauk viel lieber eine A24-Produktion wie The Green Knight (hier geht’s zu meiner Kritik).


Damsel kommt mit einem zunächst spannenden Twist daher, der aus einem vermeitlichen Märchen-Film ein feministisches Kampfwerk zaubern soll. Nur leider wird dieser Zauber durch hölzernes Schauspiel, unglaubwürdige Szenarien und eine viel zu cleane Optik oft kaputt gemacht.

Letterboxd ->

Bewertung:

2,5


Damsel kann ab sofort auf Netflix gesehen werden.

© Copyright aller Bilder bei Netflix.

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Lukas Egner

Ich bin der Gründer von filmfreitag und schaue leidenschaftlich gerne Filme und Serien aus jedem Genre. Ich bin 21 Jahre alt, studiere momentan Politik- und Medienwissenschaften und schreibe als freier Autor für verschiedene Film- und Videospielmagazine.

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