Deshalb erzählt Elden Ring seine Geschichte falsch

Elden Ring ist seit Wochen eines der meistgespielten Spiele. Und obwohl auch ich das Spiel liebe, hat es gerade erzählerisch so einige Schwächen.

Lesezeit: ca. 6 Minuten

Ein bockschweres Meisterwerk

Elden Ring Ranni the Witch

Erstmal vorneweg und zur Erklärung für all jene, die die letzten Monate unter einem Stein gelebt haben: Elden Ring ist das neuste Fantasy-RPG aus dem Hause From Software, die sich auch schon für Spiele wie Dark Souls oder Bloodborne verantwortlich zeichnen. Mit Elden Ring, das am 25. Februar veröffentlicht wurde, hat das Studio gleich mehrere Rekorde gebrochen: Nicht nur ist das Spiel eines der sich am besten verkaufenden Spiele dieses Jahres, es stellt auch auf Steam Spielerzahl-Rekorde auf und ist mit Abstand das From Software Spiel, das sich in den ersten Monaten am schnellsten verkaufen konnte.

Und auch ich habe das Spiel regelrecht verschlungen. Denn vor allem mit seinem Gameplay-Loop, der faszinierend gestalteten Welt und der Erkundung der offenen Spielwelt setzt es meiner Meinung nach ähnlich neue Maßstäbe für das Genre wie es seinerzeit The Legend of Zelda: Breath of the Wild getan hat. Und auch wenn ich das Spiel (fast) uneingeschränkt weiterempfehlen kann, hat es eine große Schwäche: Seine Geschichte und wie diese erzählt wird.

Nun klingt diese Aussage für den ein oder anderen vielleicht etwas seltsam, war doch George R.R. Martin (Game of Thrones) maßgeblich an der Story des Spiels beteiligt. Der ist bekannt dafür, spannende Fantasy-Welten mit einer tiefen Lore zu schreiben. Und dennoch muss ich sagen: Für mich als Neueinsteiger in das „Soulsborn“-Genre ist die Geschichte des Spiels falsch erzählt und trägt dazu bei, den ein oder anderen, der darauf wert legt, abzuschrecken. Aber fangen wir von vorne an.


Arbeitsbeginn in den Zwischenlanden

„Die gefallenen Blätter erzählen eine Geschichte. Der große Elden Ring wurde zerschlagen.“. So beginnt das Fantasy-RPG. Mit einer episch klingenden Zwischensequenz führt uns From Software in die Geschichte und die Begebenheiten der Zwischenlande ein. Die Zwischenlande- das ist das Gebiet, in dem Elden Ring spielt. Und diese Intro-Sequenz ist eigentlich auch echt stimmungsvoll. Manche würden sogar sagen, sie erzeugt eine richtige Gänsehaut. Ja, das ist tatsächlich richtig. Das Intro von Elden Ring macht richtig Bock auf mehr.

Aber liegt das wirklich daran, dass uns hier der Anfang einer epischen Geschichte erzählt wird, oder vielmehr daran, dass das Intro inszenatorisch gewaltig was zu bieten hat? An der rhetorischen Art der Fragestellung könnt ihr vermutlich schon erraten, wie die Antwort auf diese Frage- zumindest für mich- ausfällt. Das Intro beeindruckt durch seinen brachialen Soundtrack, seine gewaltigen Bilder einer faszinierenden Fantasy-Welt und die Charaktere, die sie bewohnen. Aber die Erzählung an sich, die hier schon angedeutet wird, ist wenig aussagekräftig und verwirrt eher.

Was zum Beispiel ist die „Zertrümmerung“? Was haben die Halbgötter, die im Intro angesprochen werden, damit zu tun? Oder warum müssen ausgerechnet die Befleckten, scheinbar irgendwelche Söldner, die Zwischenlande befreien? Darauf bekommen wir zunächst mal überhaupt keine Antwort. Trotzdem, und das will ich hier explizit anmerken, schafft das Intro eine Sache richtig gut: Den Spieler zu überzeugen, weiterzuspielen. Weil es eben so viele kryptische Andeutungen und geheimnisvolle Charaktere gibt.

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Wer liest sich das alles durch?

Elden Ring Grosse Rune der Ungeborenen

Aber jetzt mal zum ersten großen Schnitzer, den sich Elden Ring im Kontext der Story erlaubt: Sie wird nicht wirklich inszeniert, sondern kann fast nur nachgelesen werden. In den Beschreibungen der zahlreichen Items, die wir im Laufe des Spiels erbeuten, können wir theoretisch romanlange Geschichten über die Herkunft dieses Schwerts, die Vergangenheit jener Rüstung oder die mystischen Machenschaften hinter einem Zauberspruch nachlesen. Und das ist nicht übertrieben. Würde man alle Itembeschreibungen ausdrucken und aneinanderheften, würde daraus mit Sicherheit ein mittellanger Roman entstehen.

Das Problem ist nur, dass Elden Ring eben ein Videospiel, und kein Roman ist. In einem Videospiel will ich nicht tausend Seiten Lore nachlesen müssen, sondern die Geschichte durch gut inszenierte Zwischensequenzen und eine kohärente Hauptstory erleben. Elden Ring kann kleinere Geschichten gut erzählen. Etwa, wenn ich in ein Dungeon spaziere und nach und nach durch die Umgebung die Vergangenheit dieser Ruinen erforsche (Enviromental Storytelling). Oder in der Hauptstadt Leyndel ankomme und schon in der Ferne einen riesigen, versteinerten Drachen sehe, während die ganze Stadt in Schutt und Asche liegt.

Da wird im Spieler selbst dann schon eine Geschichte im Kopf erzeugt. Aber über die Welt an sich, wie es zu dieser massiven Katastrophe, die ja ständig angedeutet wird, gekommen ist, darüber erfahre ich fast nichts. Was haben die vielen Charaktere damit zu tun? Ich könnte jetzt jede einzelne Itembeschreibung durchlesen. Aber dann würde sich zumindest für mich die Spielerfahrung mit Elden Ring drastisch verschlechtern.

Und ich weiß, dass dieses Problem sehr viele Videospiele haben. In Skyrim etwa gibt es ebenfalls unzählige Bücher, also quasi tatsächliche Romane, die ich mir zur Lore durchlesen könnte. Auch im oben schon erwähnten letzten Zelda-Spiel kam die Geschichte viel zu kurz und wurde ebenfalls eher kryptisch erzählt. Aber bei Elden Ring kommt noch ein zweites Problem hinzu, dass heutzutage veröffentlichte Spiele einfach nicht mehr haben sollten:

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Wo bist du hin, Charakter XY?

elden ring rya

Es gibt in Elden Ring unzählige Charaktere, die dem Spieler auf seiner Reise durch die Zwischenlande begegnen. Von Varre mit der weisen Maske, der uns schon ganz am Anfang des Spiels die mittlerweile berühmt-berüchtigten Worte „Unfortunatly, you are maidenless“ um die Ohren haut, über Ranni, die Hexe und Königin Marika, die Ewige. Sie alle sind Figuren aus Elden Ring.  Und die meisten von ihnen haben eine Gemeinsamkeit: Man kann all ihre Geschichten verpassen.

Theoretisch kann man das Spiel durchspielen, ohne auch nur einmal mit Ranni interagiert zu haben oder jemals die tragische Geschichte hinter dem Herren von Haus Vulkan, Rykard, dem Lord der Blasphemie, mitzubekommen. Denn nur durch selbstständiges Erkunden der riesigen offenen Spielwelt erfährt man von Figuren, die wiederum zu Nebenquests führen. Und wenn man eben schnurrstraks den Gnadenpunkten auf dem Weg zum finalen Boss hinterherläuft, verpasst man zahlreiche Geschichten.

Aber diese Tatsache ist nicht mal das Hauptproblem, dass ich mit der Story von Elden Ring habe. Vielmehr stört mich, dass fast alle Figuren in einer Sprache sprechen, die man wohlwollend vielleicht noch als kryptisch beschreiben kann, eigentlich aber als verwirrend und nichtssagend bezeichnen muss. Denn nicht wie in anderen Spielen dieser Art hat man in Elden Ring einen Questlog, der festhält, wo man wann welchen Charakter wiederfinden kann, der dann die nächste Phase der Story einleitet. Nein, man muss erstens ganz genau hinhören, was der Charakter sagt und zweitens, dann Glück haben und zum richtigen Zeitpunkt die richtige Stelle in einer erschlagend großen Spielwelt wiederfinden.


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So ist es mir etwa im schon erwähnten Haus Vulkan so ergangen, dass ich die Quest rund um die Späherin Rya bis zu einem gewissen Punkt verfolgt habe. Das Mädchen ist ein Abkömmling Rykards und wechselt ihre Gestalt von Mensch zu Reptil. Irgendwann war ich dann an einem Punkt in der Story, an dem ich unbedingt Rykard, dieses abescheuliche Biest eines Mannes in Schlangengestalt besiegen wollte. Und das habe ich dann auch getan, ohne zu wissen, dass es im Haus Vulkan auch ein ganzes Dungeon gibt, dass man idealerweiße vor dem Kampf mit Rykard abschließt. Denn wenn man das, so wie ich, nicht tut, und erst später zurückkehrt, ist Rya verschwunden und ihre Quest, die ich bis dato interessiert verfolgt habe, ebenso.

Es zeigt sich also: Nicht nur muss ich einzelne Charaktere wiederfinden, um ihre Geschichte weiter zu erleben. Nein, ich muss sogar zum richtigen Zeitpunkt mit ihnen interagieren, um die Quest nicht zu verpassen. Und solch ein Questdesign ist leider nicht nur aus der Zeit gefallen, sondern auch ziemlich frustrierend für jemanden wie mich, der gerne alles, was eine Spielwelt zu bieten hat, mitnehmen würde. Die Storys zu den vielen Charakteren bereichern die Hauptgeschichte nämlich eigentlich ungemein, weil sie selbst, wie schon gesagt, nicht so gut erzählt ist.

Aber wenn ich die Hälfte der kleineren Geschichten verpasse, können diese noch so gut sein, ich werde sie nie erleben. Und das ich echt schade.

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Fazit

Elden Ring ist ein Meisterwerk mit Einschränkungen. Es ist ein Gameplay-Meisterwerk. Ein Boss- und Weltendesign-Meisterwerk. Ein atmosphärisches Meisterwerk. Aber ein Story-Meisterwerk oder Questdesign-Meisterwerk ist es nicht. Die Geschichte von Elden Ring wird sehr kryptisch erzählt, man muss sich schon ordentlich in die Materie einlesen, und dieses Einlesen geschieht leider fast ausschließlich in Form von Itembeschreibungen.

Auch die vielen Figuren, mit denen das From Software-Spiel aufwartet, wollen ihre Geschichte vor dem Spieler wohl möglichst geheimhalten. Denn man muss schon genau zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, um ihre Storys nicht zu verpassen. Und somit schafft Elden Ring es zwar, eine atmosphärische Welt mit einer bedrückenden Stimmung aufzubauen. Das Spiel schafft es aber leider nicht, diese Welt mit spannenden und vor allem zugänglichen Geschichten zu füllen und seine Charaktere dabei richtig zu inszenieren.

Was sagt ihr zu meinem Kommentar auf die Geschichte von Elden Ring? Stimmt ihr mir zu oder seht ihr das ganz anders? Schreibt es gerne in die Kommentare und lasst uns diskutieren!

Elden Ring ist seit 25.02.2022 für PC, PS5, PS4, Xbox One und Xbox Series verfügbar.

© Copyright aller Bilder bei From Software/Bandai Namco.

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Lukas Egner

Ich bin der Gründer von filmfreitag und schaue leidenschaftlich gerne Filme und Serien aus jedem Genre. Ich bin 21 Jahre alt, studiere momentan Politik- und Medienwissenschaften und schreibe als freier Autor für verschiedene Film- und Videospielmagazine.

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21 Kommentare
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Tailog
Tailog
18. August 2023 20:22

Irreführende Beitrag. Was genau war den jetzt falsch an der Geschichte? Meiner Meinung nach hast du nur vieles nicht verstanden oder verpasst. Zugegeben wir einem nicht jede Info präsentiert aber das ist auch logisch weil du in dieser Welt nicht die Hauptrolle spielst. Du bist kein Held den der König auserwählt seine Tochter zu retten.

lobbgottliebsam
lobbgottliebsam
18. Juni 2022 22:12

Ich irre durch das Open-World-Design… seit Tagen… und verliere immer mehr an Motivation. Wo soll, wo muss ich hin? Was muss, kann, sollte ich tun? 1) Und ja, auch Forschen hat seine Grenzen. Zumal ich ja vieles erforsche, das optional ist oder sein könnte. Wozu ich dann xy erforscht habe, erschließt sich mitunter nie. Nach Rennala fehlt mir jeglicher Ansatz, jeder konkrete Hinweis und ich erkunde und erkunde und erkun… vieles entdecke ich schließlich aus… Weiterlesen »