Dune handelt von den Streitigkeiten verfeindeter Adelshäuser in einer beeindruckenden und fesselnden Fantasywelt. Die Bücher von Frank Herbert galten lange als unverfilmbar. Nun hat sich Denis Villeneuve an das Material des Science-Fiction-Autors gewagt und daraus ein Meisterwerk gezaubert- zumindest voraussichtlich.
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Um was geht’s?
In der Welt von Dune gibt es mehrere Adelshäuser, die um die Macht auf verschiedenen Planeten kämpfen. Man kann sich die Strukturen wie in Game of Thrones vorstellen, nur das das Setting das von Star Wars ist. In dieser Welt lebt auch der junge Adelige Paul aus dem Haus Atreides (Timothee Chalamet). Dessen Vater (Oscar Isaac) bekommt vom Imperator den Planeten Arakis, der eigentlich unter dem Befehl des verfeindeten Hauses der Harkonnen steht, „geschenkt“.
Auf diesem, von den mysteriösen Fremen beheimateten Planeten kann man die Droge Spice abbauen, die unglaublich wertvoll ist. Denn sie dient nicht nur dem bewusstseinserweiternden Konsum, sondern wird auch in der Raumfahrt als Treibstoff eingesetzt, um zwischen den Welten zu reisen.
Im Laufe der Handlung begleiten wir nicht nur Paul, sondern auch seine Mutter (Rebecca Ferguson), eine Anhängerin der Benne Gesserit und viele andere spannende Charaktere, die uns in die faszinierende Welt von Dune entführen.
Filmkritik zu Dune 2021
Schon 2017 hat der Regisseur von Dune überrascht: Damals kam sein neuster Streich, Blade Runner 2049 in die Kinos. Vor dem Start des Films wurden viele Stimmen laut, die der Fortsetzung prophezeiten, niemals auch nur ansatzweise an die Qualität und Klasse des ersten Blade Runners, der als absoluter Meilenstein des Science-Fiction-Films gilt, heranzukommen. Und doch schaffte Denis Villeneuve genau das. Zwar floppte Blade Runner 2049 an den Kinokassen, wurde aber von den meisten Filmkritikern und Zuschauern als würdiger und in manchen Bestandteilen sogar dem Original überragender Film bewertet.
Eine ähnliche Ausgangslage haben wir bei Dune: Auch hier ist vor vielen Jahren schon einmal ein Versuch gestartet worden, die mehrteilige Buchreihe von Frank Herbert zu verfilmen. David Lynch scheiterte daran aber grandios, anders als Ridley Scott bei Blade Runner. Nun versucht sich Villeneuve auch mit Dune an einem Kultklassiker, und auch diesmal scheint seine Formel aufzugehen. Mit dem wichtigen Unterschied, dass sich Dune momentan eher zum Kinohit, denn zum Flop entwickelt und damit die Wahrscheinlichkeiten für einen zweiten Teil umso besser stehen.
Mit Dune schafft der Meisterregisseur, der unter anderem für so tolle Filme wie Sicario oder Prisoners bekannt ist, einen beeindruckenden Film, der die interessante und komplexe Welt des Wüstenplaneten genau richtig einfängt. Indem ein guter Mix aus Erklärungen der faszinierenden Welt und spannender Handlung mit wuchtiger Action gefunden wird, tappt der neue Science-Fiction-Film eben nicht in die Fettnäpfchen des ersten Versuchs, die Bücher von Frank Herbert zu verfilmen.
Im Jahr 1984 wurde nämlich versucht, das erste Buch der Reihe in einen einzigen, zweistündigen Film zu packen. Und David Lynch ist daran gescheitert. Das Drehbuch war wirr, die Figuren lächerlich angezogen, ständig wurde vom Zuschauer erwartet, in elendlangen Expositionen noch den Durchblick zu behalten.
Denis Villeneuve war da schlauer: Er versucht gar nicht erst, eine solch komplexe Handlung der Bücher in einen einzigen Film zu packen, sondern hat sich bewusst dazu entschieden, Dune in zwei Teilen zu verfilmen. Und das tut dem ersten Teil mehr als nur gut, weil sich neben der Einführung in die faszinierende Welt der Harkonnen, Fremen und Benne Gesserit noch genug Zeit gelassen werden kann, um daraus einen unterhaltsamen Film zu machen.
Villeneuve schafft es wieder!
Die Handlung von Dune bietet wohl zunächst mal wenig neues: Paul ist der Protagonist und durchläuft eigentlich sämtliche Stationen der berühmten „Heldenreise“. Wir sehen ihn zunächst in seiner vertrauten Umgebung bei seiner Familie auf dem Heimatplaneten des Hauses Atreides. Dann wird er zum Abenteuer gerufen, seine Familie bekommt den Planeten Arakis vom Imperator vermeintlich geschenkt und Paul wird in eine völlige neue Welt geworfen. Dieses Beispiel der Heldenreise könnte man jetzt voll umfänglich auf Paul anwenden und man würde ein zufriedenstellendes Ergebnis erhalten.
Doch darum soll es gar nicht gehen. Denn trotz der offensichtlichen Korrelation zwischen Paul und der Heldenreise darf man nicht vergessen, dass uns die Welt von Dune viel mehr zu bieten hat als nur einen Protagonisten. Wir lernen im Laufe der Handlung viele neue, spannende Charaktere kennen. Auch wird die komplexe Welt durch Expositionen für den Zuschauer zwar verständlich, aber nie langweilig aufbereitet. So gibt es beispielsweise eine Szene, in der Paul von der Flora und Fauna des Wüstenplaneten durch eine Dokuserie lernt, während im Verlauf des Erzählens eine tödliche Gefahr auf den Helden zufliegt. Mehr will ich da an dieser Stelle nicht verraten.
Auch an anderen Stellen wird zwar deutlich, dass für ein Verständnis der Welt von Dune immer wieder Erklärungen nötig sind. Wie etwa der spezielle Anzug zum Schutz vor den tödlichen Gefahren von Arakis funktioniert oder was die Gebräuche der ansässigen Fremen sind. Doch diese Erklärungen werden so gut in die Handlung verwoben, dass sie meist gar nicht auffallen und mehr als natürliche Kommunikationssituationen zwischen den Charakteren wirken. Schließlich sind Paul und seine Familie auf dem Wüstenplaneten ja auch noch Fremde, die die Welt erst kennenlernen müssen. Eben wie der Zusschauer.
Bildgewalt pur
Neben der Handlung und den Charakteren hat Dune vor allem eines zu bieten: Unglaublich tolle Bilder, unterlegt von einem unglaublich stimmungsvoll komponierten Soundtrack. Die Kamera vermittelt die Welt rund um den Wüstenplaneten hervorragend. Und ergänzt wird die Kameraarbeit dann von wirklich grandiosen Sets und Computereffekten, die ihresgleichen suchen. Waren die Kostüme für David Lynchs Dune 1984 fast schon lächerlich over-the-top, sind sie im neuen Dune den jeweiligen Gegebenheiten angepasst und wirken nicht mehr, als hätte man Karl Lagerfeld zu lange mit dem Zauberer von Oz allein gelassen.
Viele der Bilder, die Kameramann Greig Fraser einfängt, könnte man sich ohne wenn und aber einrahmen und an die Wand hängen. Die Bildgewalt des Films lässt wirklich keine Wünsche offen und wird zusätzlich durch den fantastischen Soundtrack von Hans Zimmer untermalt.
Dieser ist zwar an manchen Stellen doch etwas zu aufdringlich. So gibt es Szenen, wo ein Charakter wirklich nur von Punkt A nach Punkt B läuft, aber im Hintergrund dröhnt Hans Zimmers Musik in bester Inception- oder Kriegsfilmmanier. Meistens aber passt die Musik zum Gezeigten und fühlt sich gleichzeitig episch an. Besonders gut hat mir dabei die fein eingesetzte, orientalisch anhauchende Musik gefallen, die oft spielt, wenn wir den Wüstenplaneten in seiner vollen Pracht sehen. All das verstärkt den Gesamteindruck, den Dune hinterlässt: Da kommt noch was Großes auf uns zu.
Ein Hammer-Cast
Wenn man über den neuen Film von Denis Villeneuve schreibt, kommt man wohl nicht darum, über den wirklich großartigen Cast zu sprechen. Manchmal frage ich ja, wie Villeneuve es schafft, wirklich jede Rolle des Films mit einem hochkarätigen Schauspieler zu besetzen. Da wäre natürlich Timothee Chalamet, der schon als neuer di Caprio gehandelt wird und durch diesen Film nochmal einen Sprung nach vorne macht. Der hat ja schon in Little Women, The King oder Lady Bird auf vollster Linie überzeugt. Aber gerade mit Dune, einem Mainstream-Hollywood-Blockbuster, dürfte er den nächsten Schritt auf der Karriereleiter gehen.
Und diesen Schritt hat er sich auch mehr als verdient. Denn er spielt Paul Atreidis verdammt noch mal großartig! Auch Rebecca Ferguson, die seine Mutter verkörpert, überzeugt in ihrer Rolle. Zusammen haben die beiden eine wunderbare Chemie und funktionieren, vor allem im späteren Verlauf des Films großartig. Ich könnte jetzt noch auf jeden anderen der namhaften Darsteller Lobeshymnen regnen lassen, aber zusammengefasst waren sie alle eigentlich perfekt. Keine Casting-Entscheidung ist mir negativ aufgefallen, alle Darsteller verkörpern ihre Rollen, und seien sie noch so klein, mindestens sehr gut.
Wobei, zu einer Erwähnung will ich mich dann doch hinreißen lassen: Stellan Skarsgard spielt seine Rolle als Imperator mit einer Wucht, die man im Kino selten sieht. Seine Verkörperung des (vermeintlich) absolut Bösen ist hervorragend gelungen. Allein durch seine Präsenz wertet er den Film nochmals auf.
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Imperialismus im Science-Fiction-Gewand
Zum Abschluss noch ein paar Worte zu den zahlreichen Botschaften des Films. Die Herrscherfamilien der Welt von Dune verkörpern natürlich die Adelshäuser im Europa des Mittelalters. Und ebenfalls wie diese versuchen die Häuser Atreides oder Harkonnen ihre Einflusssphäre zu erweitern. Im Film geschieht das vor allem durch die Ansiedlung und Lehensherrschaft über andere Planeten. Stellvertretend dafür wird der Planet Arakis zunächst von den Haarkonnen kontrolliert und dann dem Haus Atreides übergeben. Doch was man nicht vergessen darf: Eigentlich ist der Planet schon bewohnt von den Einheimischen Fremen, einer mysteriösen Zivilisation, die sich den Gegebenheiten des Wüstenplaneten angepasst hat.
Und damit ist Dune ein direkter Kommentar auf die kolonialen Bestrebungen zur Zeit des Imperialismus in Europa und die unrühmliche Geschichte dahinter. Auch damals wurden vor allem afrikanische und amerikanische Länder durch die Europäer ausgeplündert und zu Kolonien gemacht. Im Film wird zumindest impliziert, dass die Fremen von Arakis unter der Herrschaft der Harkonnen sehr gelitten haben. Die neuen Kolonialherren des Hauses Atreides wollen das nun ändern und sind bestrebt, gute Beziehungen zu den Fremen aufrecht zu erhalten.
Obwohl Haus Atreides mit vermeintlich friedlicher Absicht den Planeten weiter ausbeuten will, stellt sich doch die Frage, inwieweit diese „friedliche Ausbeutung“ tatsächlich im Interesse der Fremen ist. So ist die Droge Spice für sie etwa eine spirituelle Komponente ihres Glaubens, während sie für die Kolonialherren nur Profit darstellt. Auch zu den berühmten Sandwürmern aus Dune haben die Fremen eine besondere Beziehung, während sie von den Besatzern nur als lästige Gefahr angesehen werden.
Fazit & Bewertung
Dune ist ein Meisterwerk. Zumindest soll es das werden. Denn ich habe bis jetzt nur den ersten Teil der auf zwei Filme ausgelegten Reihe gesehen. Aber der hat mich schon fast vollends überzeugt. Denis Villeneuve schafft hier etwas, was nur wenigen gelingt: Er erweckt eine komplexe und faszinierende Welt und ihre Charaktere zum Leben, ohne zu sehr in ein Expositions-Durcheinander zu verfallen, dass die Zuschauer nur langweilen würde. Er schafft es, die Komplexität von Dune mit brachialer Action, einer spannenden Handlung, gut gespielten Charakteren und gewaltigen Bildern zu verweben.
Das schaffen nicht viele. Dune ist der Auftakt zu etwas Größerem und wird nicht ohne Grund häufig mit dem ersten „Herr der Ringe“-Film verglichen. Auch dieser hat in die Welt von J.R.R. Tolkien eingeführt, ohne die vollständige Komplexität der Buchvorlage in einen Film zu quetschen. Und Dune wird garniert durch einen wirklich erstaunlichen Cast von hochkarätigen Schauspielern und die brachiale Musik von Hans Zimmer. Ich könnte noch in weitere Lobeshymnen verfallen, doch habe eigentlich nur eines zu sagen:
Schaut euch den Film im Kino an! Er ist gemacht für die große Leinwand. Er ist gemacht für das Soundsystem eines guten Kinos. Er ist gemacht für die Altehrwürdigkeit eines Lichtspielhauses! Warum ich trotzdem knapp unter de Bestwertung von fünf Sternen liege, kann ich mir selbst kaum erklären. Die Bewertung kommt im Wissen zustande, dass erst mit dem zweiten Teil von Dune eine wirkliche Bewertung des Kunstwerks möglich sein wird. Warten wir ab, was uns Villeneuve noch auf die Leinwand zaubert.
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Tolle, ausführliche Review zu einem wirklich grandiosen ersten Teil vom wahrscheinlich versiertesten Science fiction Regisseur derzeit. „The Arrival“ und „Blade Runner 2049“ sind dermaßen gelungen, dass es eine Freude ist. Und auch dieser Film ist so viel besser als die erste Verfilmung von David Lynch. Ich möchte aber noch erwähnen, dass „Dune“ auch schon in den 70ern verfilmt werden sollte und die Storyboards und das Drehbuch viele bekannte Werke beeinflusst haben dürfte. Bei Wikipedia ist… Weiterlesen »
„Wobei, zu einer Erwähnung will ich mich dann doch hinreißen lassen: Stellan Skarsgard spielt seine Rolle als Imperator mit einer Wucht, die man im Kino selten sieht.“
Warum ist eigentlich noch keinem hier aufgefallen, dass Stellan Skarsgard natürlich NICHT den Imperator spielt, sondern „nur“ den bösen Baron?!
😉