Nicht mehr lang, dann flimmert mit dem Finale der zweiten Staffel am Sonntag eine der momentan wohl besten Serien im Fernsehen über unsere Bildschirme. Grund genug, mal zu schauen, was Euphoria eigentlich so genial macht und warum ein Vergleich mit Game of Thrones vielleicht gar nicht mal abwegig ist.
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Um was geht’s?
Die Dramaserie aus dem Hause HBO handelt von den Problemen und Erlebnissen mehrerer Highschool-Schüler in den USA. Hauptprotagonisten sind die 17-Jährige Rue (Zendaya) und ihre spätere Freundin Jules (Hunter Schaefer), die beide mit Problemen wie Drogenmissbrauch, sexueller Gewalt und der Selbstfindung in einer immer komplexeren Welt zu kämpfen haben.
Dabei ist die Serie gnadenlos ehrlich und spricht auch Themen an, die sonst eher ein Tabu in der Serien- und Filmwelt sind. Euphoria ist keine 0815-Teenie-Highschool-Serie, sondern überrascht mit tiefen Charaktermomenten, ehrlichen Geschichten und Schicksalen, die berühren. Für alle, die noch nie etwas von der Serie gehört haben, will ich im Folgenden Artikel ein kleines Loblied auf Euphoria singen. Vielleicht kann ich so noch mehr Menschen von der Erfolgsserie überzeugen. Alle Folgen gibt es übrigens auf Amazon zu kaufen oder per Abo mit Sky Ticket zu sehen.
Grund 1: Euphoria ist wunderschön!
Wenn man sich aktuell auf TikTok umschaut, dann findet man dort unzählige Interpretationen von Charakteren der Serie Euphoria. Geschminkt, mit Glitzer überzogen und mit möglichst viel nackter Haut zeigen sich vor allem Teenager, die Fans der HBO-Serie sind. Viele von ihnen Blicken vor allem zum Stil der Figuren aus Euphoria auf, wollen ihren Kleidungs- und Körperstyle kopieren oder sich einfach in einen der Charaktere hineinfühlen.
Das zeigt zum einen auf, was für einen immensen Einfluss die Serie auf die Popkultur und auch auf Menschen in ihrer Entwicklungsphase vom Teenager zum Erwachsenen hat. Zum anderen wird aber auch deutlich, inwieweit sich Euphoria von anderen Serien dieser Art unterscheidet: Sie ist hochwertig stilisiert und spielt mit den überproportionierten Kostümen ihrer Protagonisten.
Gleichzeitig erzeugt die Serie unglaublich schöne Bilder, die locker mit denen von hochwertigen Hollywood-Produktionen mithalten können. Sehen wir in einem Moment noch den tristen Alltag an einer Highschool, der zunächst auch dementsprechend eingefangen wird, zeigt sich im nächsten Moment die ganze Fülle an Style, den die Serie über ihr Spiel mit der Kamera und der Farbsetzung in einzelnen Szenen erzeugt.
Grund 2: Euphoria nimmt kein Blatt vor den Mund
Eine weitere Sache, die die HBO-Serie so besonders macht, ist ihre gnadenlose Ehrlichkeit. Sie thematisiert Themen wie Drogenmissbrauch, sexuelle Gewalt oder Selbstfindung auf eine Art und Weise, die man selten in dieser Intensität und Bildgewalt, aber auch schauspielerischen Qualität erlebt. Zendaya spielt eine gerade aus dem Drogenentzug gekommene 17-Jährige Schülerin, die noch lange nicht mit ihrer dunklen Vergangenheit abgeschlossen hat.
Dabei porträtiert Euphoria nicht nur Rues Umgang mit ihrem Entzug, mit dem neuen Leben, vermeintlich ohne Drogen und auf dem Weg der Besserung. Immer wieder beleuchtet die Serie auch die Vergangenheit der jungen Frau, welche Umstände zu ihrem Drogenproblem geführt haben und wie Menschen aus ihrem Umfeld damit umgehen. Ganz besonders wird das dann deutlich, wenn Rue die neu in die Stadt gezogene Jules kennenlernt und sich eine innige Freundschaft entwickelt, die aber durch die Vergangenheit der Beiden, die jeweils schwierig war, auf die Probe gestellt wird.
Aber der Fokus wird nicht nur auf Rue und Jules gerichtet, sondern auch auf einige andere Charaktere an der Schule der Protagonisten. In kleinen „Einführungsvideos“, die in ihrem Schnitt und ihrer musikalischen Untermalung meisterhaft inszeniert sind, werden Charaktere wie Cassie (Sidney Sweeney) und Nate (Jacob Elordi) vorgestellt.
Obwohl Rue und Jules die eindeutigen Hauptcharaktere sind, kommen die einzelnen Geschichten der anderen Jugendlichen nicht zu kurz. So werden in manchen Folgen zusätzlich zu den Problemen und Erlebnissen von Rue und Jules auch Themen wie Sexarbeit, toxische Beziehungen, der Umgang mit Schwangerschaftsabbrüchen oder psychische Krankheiten thematisiert. Und das wirkt nie, wirklich nie, wie mit dem erhobenen Zeigefinger erzählt, sondern ehrlich, verständnisvoll und real.
Grund 3: Euphoria zeichnet echte Charaktere
Wenn man sich klassische Highschool-Serien ala Sex Education oder 13 Reasons Why ansieht, dann erkennt man schnell, dass fast alle diese Serien in klischeehaften Kategorien denken. Da gibt es den Nerd, die Schönheit, den Sportler oder die Schüchterne. All das ist oft nötig, um eine Geschichte überhaupt erzählen zu können. Schließlich muss auch eine Serie, zwar nicht so stark wie ein Film, immer noch verkürzen und vereinfachen, um überhaupt die Grenzen der Lauflänge einhalten zu können.
Auch in Euphoria haben wir mal mehr und mal weniger offensichtliche Abziehbilder von Charakteren. Aber diese Abziehbilder werden nicht unhinterfragt stehengelassen, sondern entwickeln sich im Laufe der Serie zu komplexen, nachvollziehbaren Charakteren weiter. Bei manchen passiert diese Entwicklung langsamer, bei anderen schneller.
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Und bei jeder dieser Entwicklungen wird das Klischee, dass der Charakter zu Anfang noch abbilden soll, auf Spannende Art und Weise dekonstruiert. Nicht nur erleben wir hier echte Charaktere, die das Leben zeichnet, sondern auch ihre verständliche Weiterentwicklung. Und trotzdem schafft es Euphoria immer wieder, Rückschläge, die die Figuren in ihren eigenen Problemwelten zu erleiden haben, inszenatorisch nahezu perfekt auf den Punkt zu bringen. Ich erwähne hier nur mal die letzen 15 Minuten der ersten Staffel, in denen fast alle Charaktere ihren tiefsten Punkt erreichen und das auf eine Art und Weise erzählt und inszeniert wird, die den Zuschauer mit Staunen zurücklässt.
Und trotzdem sind die einzelnen Figuren so nachvollziehbar erzählt, dass selbst manchmal etwas abstruse Szenen nicht aus der Geschichte werfen. Das liegt vermutlich auch daran, dass der Macher der Show, Sam Levinson, selbst in seiner Vergangenheit mit Drogenproblemen und Ähnlichem zu kämpfen hatte und wohl ziemlich genau weiß, wie man so etwas gut auf die Leinwand, bzw. in diesem Fall den Fernsehbildschirm bannen kann.
Fazit
Euphoria ist eine Wahnsinnsserie und in ihrer Art wohl seit Game of Thrones endlich mal wieder eine Serie, die einen übergreifenden Hype auslöst. Früher gab es solche Serien öfter, wenn jede Woche eine neue Folge von Breaking Bad oder den Sopranos ausgestrahlt wurde, war diese dann für die nächsten sieben Tage das Gesprächsthema auf der Arbeit oder in der Schule.
Seit Netflix mit ihrer Veröffentlichungspolitik den Standard versetzt hat, werden ganze Staffeln einer Serie an einem Tag releaset. Und so gehen vermeintlich großartige Serien in der Masse oft einfach unter. Euphoria zeigt, dass eine wöchentliche Veröffentlichung eine Serie für ihre gesamte Laufzeit relevant halten kann. Nicht nur auf TikTok, Twitter oder Instagram erzeugt die Serie einen konstanten Hype. Sie ist auch das Gesprächsthema schlechthin und liefert mit kontroversen, inszenatorisch aber perfekten Episoden jede Woche neuen Stoff für Diskussionen.
Und gleichzeitig sagt Euphoria so viel über unsere Gesellschaft aus, ist ein Spiegelbild von ihr. Dass sowohl die Kameraarbeit als auch die Schauspieler und die musikalische Untermalung mehr als nur eine Wucht sind, tut sein Übriges. Und ohne zu viel zu verraten, bekommen manche Nebencharaktere, die in Staffel eins vielleicht etwas zu kurz gekommen sind, in der neuen Staffel der HBO-Serie ihren verdienten Auftritt. Ich sag nur so viel: Lexis (Maude Apatow) Theaterspiel und Ethans (Austin Abrams) Wiederauferstehung.
Schaut euch Euphoria an. Eine Serie, die begeistert. Staffel 1 gibt es auch Amazon Video und beide Staffeln sind jetzt zum Streamen auf Sky Ticket verfügbar.
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