Kritik zu Indiana Jones 5 und das Rad des Schicksals: Wann hört es endlich auf?

Indiana Jones und das Rad des Schicksals ist in den Kinos gestartet und hat nicht nur Kritiker kaum überzeugt, sondern droht auch, zum finanziellen Flop zu werden. Aber was kann der Film eigentlich und lohnt sich ein Kinobesuch?

Filmkritik zu Indiana Jones und das Rad des Schicksals

Nachdem Indiana Jones im vierten und bisher letzten Teil endlich seine Traumfrau heiraten durfte und mit seinem Sohn wiedervereint wurde, scheint ihm das Leben im neusten Teil nicht gerade wohlgesonnen zu sein: Er lebt wieder allein in einer heruntergekommenen Bude ohne Frau und Sohn. Was zwischen “Königreich des Kristallschädels” und “Rad des Schicksals” passiert ist, will ich an dieser Stelle nicht verraten.

Nur scheint es das Leben nicht gut gemeint zu haben mit Indy. Mittlerweile steht er kurz vorm Renteneintritt und wird von seiner Universität, an der er bis zuletzt unterrichtet hat, verabschiedet. Nur um dann von seiner bis zuletzt verschollenen Patentochter aufgesucht zu werden, die hinter der sagenumwobenen Antikythera her ist, einem Gegenstand, der die Zeit manipulieren kann.

Allerdings sind nicht nur Helena (Phoebe Waller-Bridge) und Indy (Harrison Ford) hinter dem Artefakt her, sondern auch eine ganze Truppe von Alt-Nazis, angeführt von Jürgen Voller (Mads Mikkelsen), die die Antikythera benutzen wollen, um in der Zeit zurückzukehren und den Nazis zum Sieg zu verhelfen. Also machen sich Indy und Helena auf die Reise, genau das zu verhindern. Rausgekommen ist bei dieser Reise der Film Indiana Jones und das Rad des Schicksals, der zwar gut anfängt, aber irgendwie nicht weiß, wann er aufhören soll…

Übrigens: Mein Ranking mit allen Indiana Jones Filmen findet ihr hier!

Action-Held mit 80 Jahren

Als Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels im Jahr 2008 – nach immerhin 19 Jahren Pause von Indy – in die Kinos kam, konnte man Harrison Ford sein Alter schon durchaus ansehen. Und klar, solange die Wissenschaft nicht irgendeine Möglichkeit findet, uns ewig jung zu halten, altern wir alle, egal ob Hollywood-Star oder Normalsterblicher. Jetzt, nochmal ganze 15 Jahre nach dem letzten Teil, ist Harrison Ford schon 80 Jahre alt und schlüpft trotzdem nochmal in die Rolle des Indiana Jones.

Klar, Ford ist sicherlich rüstiger als so manch anderer in diesem Alter, aber die 80 Jahre auf dem Buckel sieht man ihm halt trotzdem an. In fast jeder Action-Szenen, und von denen gibt es im neusten Film ziemlich viele, merkt man, dass das nicht Harrison Ford persönlich ist, der da geschwind auf ein Pferd steigt und dann wie ein 30-Jähriger Cowboy durch die Straßen reitet. Oder der sich bei voller Fahrt von einem Auto ins nächste schwingt. Oder der aus einem Flugzeug mit dem Fallschirm springt und dann sicher landet.

Mit 80 Jahren gehen solche Stunts eben nicht mehr. Und wenn sie trotzdem umgesetzt werden, wie hier mit Stunt-Doubles und erschreckend echt aussehenden Masken, dann wirken sie reichlich weit hergeholt und meistens eher unglaubwürdig. Harrison Ford war eben noch nie der große Charakter-Schauspieler, sondern viel mehr ein waschechter Action-Held. Nur kann man den Action-Helden mit 80 Jahren eben nicht mehr so richtig überzeugend spielen.

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Nazi-Kloppe und De-Aging

Indiana Jones 5 Phoebe Waller-Bridge

Wie auch schon im allerersten und im dritten Film kämpft Indiana Jones auch im neuesten Teil der Abenteuer-Reihe wieder gegen Nazis. Diesmal aber gleich in zwei Zeitebenen. Denn dank De-Aging-Technologie konnte man Harrison Ford in einen jungen Indy verwandeln, der in den 40ern gegen das Dritte Reich kämpft. Der Anfang des Films versetzt uns Zuschauer fast schon wieder in gute, alte Zeiten.

Und trotzdem hat mich der junge Indy nicht so ganz überzeugen können. Denn außer vielleicht Kindern wird dieser “neue” Indiana Jones den allermeisten Zuschauern doch auffallen. Irgendwas stimmt mit dem Gesicht nicht, irgendwie passen manche Bewegungen nicht so ganz zum Rest. Obwohl die De-Aging-Technik immer besser wird und auch hier in Indiana Jones und das Rad des Schicksals ziemlich gut ist, merkt man als gelernter Kinogänger doch immer wieder, dass da was nicht ganz stimmt.

Und deswegen funktioniert für mich der hochgelobte Anfang des Films auch nur so halb. Die Action, die Nazi-Kloppereien und die rasanten Stunts auf, neben und hinter dem fahrenden Zug sind natürlich heftig. Aber gleichzeitig wird man vom jungen Indy immer wieder aus diesen krassen Bildern herausgezogen, weil man mehr auf ihn und sein verjüngtes Gesicht als auf irgendetwas anderes achtet.

Hätte man für solche Aufgaben der Film-Verjüngung früher noch echte Schauspieler, die dem zu Verjüngenden ähnlich sehen, hergenommen, wird das heute eben vom Computer berechnet. Und damit werden manche Action-Helden aus unserer Kindheit auf der großen Leinwand fast unsterblich, auch wenn der echte Schauspieler nur noch eine Hülle seiner selbst ist. Glücklicherweise hat Harrison Ford schon angekündigt, dass dieser Film sein letzter sein wird, in dem er den ikonischen Abenteurer Indiana Jones verkörpert. 


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Ein Drehbuch, das sich wie ein Produkt anfühlt

Nach den ersten 20 Minuten mit den Nazis reist der Film erstmal durch die Zeit kurz nach der Mondlandung, die ganz Amerika feiert. Außer Indiana Jones, der uns als griesgrämiger alter Professor vorgestellt wird, der seine ganze Familie verloren hat. Warum auch immer sich die Macher hinter diesem Film dazu entschieden haben, das eigentlich ziemlich perfekte Ende aus Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels quasi wieder rückgängig zu machen, bleibt eine unbeantwortete Frage.

Wobei, eigentlich kann man sie ganz gut beantworten: Weil es diesen Film gibt, deswegen wird Indy keine abschließende Charakterentwicklung gegönnt. Weil das schöne Geld winkt, wurde Indy nochmal – ganz wortwörtlich – ausgegraben. Die gesamte Handlung danach wirkt irgendwie erzwungen, schon die verschollene Patentochter, die ausgerechnet jetzt wieder auftaucht, ist als Plotdevice wenig überzeugend. 

Über seine gesamte Lauflänge hinweg wirkt Indiana Jones und das Rad des Schicksals wie Füllmaterial, wie ein vollkommen unnötiger Film, der eben gemacht werden musste. Er hat keine klugen Gedanken, er trägt nichts zum aktuellen Diskurs bei und er wirkt wie ein völlig veralteter Film. Und das liegt gar nicht nur an den Figuren, sondern vor allem am Drehbuch, das wohl irgendein armer Schlucker für Disney schreiben musste, ohne irgendeine Motivation oder neue Ideen zu haben. Dabei herausgekommen ist dann eben dieser Film, den niemand wirklich braucht. 

Indiana Jones war ja, wenn wir mal ehrlich sind, spätestens mit Teil vier auserzählt, viel eher schon mit dem Letzten Kreuzzug. Weder die Story noch die Charaktere wollen in Teil fünf so richtig funktionieren, selbst der vom fantastischen Mads Mikkelsen gespielte Alt-Nazi und Oberbösewicht wird schauspielerisch nie wirklich gefordert und bleibt blass und austauschbar. Niemand wollte diesen Film so wirklich machen und somit wirkt er wie so ein richtiges Produkt, dass man alleine für den allmächtigen Disney-Konzern fertigstellen musste.

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Ich hab im Kino gegähnt!

Indiana Jones und das Rad des Schicksals Bilder

Wieder einmal hat Hollywood einen seiner Alt-Stars ausgegraben, um die Zuschauer mit Nostalgie und Kindheitserinnerungen ins Kino zu locken. Wieder einmal hat das Drehbuch dazu keinerlei neue Ideen und ruht sich auf altgewordenen Charakteren und einer massenkompatiblen Inszenierung aus. Für mich haben bisher alle – ja, selbst das Königreich des Kristallsschädels – auf der Ebene der reinen Inszenierung und des Pacings immer funktioniert. 

Bis jetzt. Indiana Jones und das Rad des Schicksals kriegt nicht mal eine interessante Inszenierung hin, sondern verliert sich in Action-Setpieces, die man im gegenwärtigen Hollywood-Kino schon zuhauf gesehen hat. Wo bisher jeder Indy-Film auf der Ebene des Schnitts und des Pacings funktioniert hat, ständig irgendetwas passiert ist und Zuschauer zwischen detaillierter Action, kurzen Charaktermomenten und Abenteuer-Atmosphäre hin- und her getragen wurden, schafft Indy 5 nichts davon.

Die Action ist noch generischer als im vierten Teil und aufgrund von Harrison Fords Alter wird fast jede Action-Szene viel zu nah gefilmt. Wo die alten Filme ihre Action oft aus einer Totalen gezeigt haben und man als Zuschauer so genau mitbekommen hat, was gerade passiert, merkt man bei Indiana Jones 5 ganz genau, dass hin- und hergeschnitten wird, wo es nur geht, um möglichst zu verbergen, wie absurd manche Action-Szenen, gerade im Kontext von Indys Alter eigentlich sind.

Das Pacing funktioniert im neusten Film der Reihe ebenfalls kaum bis gar nicht. Immer wieder kam es bei mir zu Ermüdungserscheinungen, weil der Film selbst scheinbar gar nicht weiß, was er will. Wo man früher sicher sein konnte, dass ein neuer Indiana Jones Film die gesamte Lauflänge über unterhält, schafft das das Rad des Schicksals überhaupt nicht. Allein schon die Laufzeit von über zweieinhalb Stunden sollte eine große Red Flag sein, denn so lange können diese Film weder seine Action, noch die Figuren und schon gar nicht die Handlung tragen.

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Fazit & Bewertung: Versöhnliche Worte für das Ende?

Wie also soll man diesen Film einordnen? Wie kann man ihn überhaupt einordnen? Ich bin seit meiner Kindheit Fan von Indy, hab die alten Filme alle im Fernsehen bestimmt ein Dutzend mal gesehen und fand, vielleicht aus kindlicher Naivität, vielleicht aus echter Überzeugung, auch Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels nicht so schlecht, wie ihn alle immer machen. Aber mit dem neusten Teil der Reihe hat man selbst mich vergrault und mehr als nur enttäuscht zurückgelassen.

Und das liegt gar nicht mal nur an der viel zu lange gezogenen Handlung, dem blassen Bösewicht oder der auf Nostalgie getrimmten Inszenierung. Viel mehr hat es mich genervt, dass dieser Film überhaupt existiert. Warum schafft es Hollywood heutzutage gefühlt nicht mehr, Geschichten auch mal aus zu erzählen? Warum muss immer noch ein Film hinterhergeschoben werden. Zumal Indy 4 ja ein versöhnliches Ende für unseren Hauptcharakter hatte und ich mich damit auch abgefunden habe.

Aber den alternden Action-Helden aus den 80ern hier jetzt nochmal rauszukramen und in abstruse Szenarien zu versetzen, war dann selbst mir zu viel. Indiana Jones und das Rad des Schicksals hat wohl mehr als 300 Millionen US-Dollar gekostet, dazu kommen nochmal locker 100 Millionen fürs Marketing. An den Kinokassen hat er am ersten Wochenende jedoch gerade etwas mehr als 100 Millionen Dollar eingespielt und gilt damit jetzt schon als Flop.


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Denn die Regel besagt: Ein Film sollte mindestens das doppelte dessen einspielen, was er gekostet hat, um schwarze Zahlen zu schreiben. Und das wird nach den enttäuschenden Zahlen vom Startwochenende wohl schwierig. Deswegen will ich diese Kritik mit einem Plädoyer an alle großen Filmstudios, von Disney bis Universal, beenden: Steckt nicht in jeden Film so viel Geld. Lasst Filmreihen auch mal enden. Und finanziert öfter Filme im mittleren Budget-Bereich. 

Mit dem Geld, dass Indiana Jones und das Rad des Schicksals gekostet hat, könnte man zehn Filme mit einem Budget von je 30 Millionen finanzieren. Dadurch würde deutlich mehr Vielfalt ins Kino kommen und auch vielversprechenden neuen Talenten, von Regisseuren über Drehbuchschreiber, Kameramänner- und frauen bis hin zu Schauspielern könnte eine Chance gegeben werden.

Niemand hat Indiana Jones 5 gebraucht, aber man hat alles Geld auf diesen Film gesetzt. Von den zehn Filmen, die mit dem gleichen Geld hätten entstehen können, wäre sicherlich auch nicht jeder ein Meisterwerk geworden. Aber sicherlich wären auch nicht alle eine riesige Enttäuschung gewesen, wie es dieser Film leider ist. Eine gute Trash-Alternative zu Indiana Jones ist übrigens Die Mumie von 1999. Meine Kritik dazu gibt’s hier.


Indiana Jones und das Rad des Schicksals ist zuweilen langweilig und reaktionär, zumeist aber vor allem eins: Unnötig! Das Drehbuch wirkt unmotiviert, unsere Hauptfigur ist viel zu alt für die Action, die sie darstellen soll und die De-Aging-Technik hat zumindest mich nur abgelenkt. Das Rad des Schicksals ist ein unwürdiger Abschluss der wohl besten Abenteuerfilme aller Zeiten. Und Indy selbst ist nur noch eine Hülle seiner selbst.

Letterboxd ->

Bewertung:

2


Indiana Jones und das Rad des Schicksals startet am 29. Juni 2023 in den deutschen Kinos.

© Copyright aller Bilder bei Disney.

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Lukas Egner

Ich bin der Gründer von filmfreitag und schaue leidenschaftlich gerne Filme und Serien aus jedem Genre. Ich bin 21 Jahre alt, studiere momentan Politik- und Medienwissenschaften und schreibe als freier Autor für verschiedene Film- und Videospielmagazine.

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6 Kommentare
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Rainer
Rainer
7. August 2023 10:14

Ich fand ihn sehr unterhaltsam. Dafür geh ich ins Kino!

Peter Jung
Peter Jung
5. August 2023 18:02

Hallo,
der Film war stellenweise ganz lustig.
Aber scheinbar beabsichtigt der Disneykonzern eine weibliche Form
von Indiana Jones aufzubauen.Das war
ja schon bei Star Wars zusehen.
Ich war im großen und ganzen von dem
Film enttäuscht.Teil4 hätte gereicht.

Andre
Andre
16. Juli 2023 10:23

Sorry, aber meiner Meinung nach geht deine Kritik komplett an der Wahrheit vorbei. Weder fällt das De- Aging auf, noch sind die Action Szenen zu übertrieben, noch kommt Langeweile auf und und und… Deine Kritik kommt mir vor, als hättest du sie aus den negativ Kritiken zusammengeklaut und die positiven Kritiken komplett ignoriert. Eine eigene objektive Meinung kann ich nicht erkennen. Vieles was du schreibst, stimmt ganz einfach nicht. Ich weiß nicht genau, wie du… Weiterlesen »

Last edited 9 Monate zuvor by Andre
Reiner
Reiner
15. Juli 2023 5:36

Oh Mann, warum macht man eigentlich Filmkritik zu Filmen die gerade im Kino laufen, wenn sie der persönlichen Meinung nach nicht taugen? Damit andere abgeschreckt werden nicht im Kino ihre eigene Meinung zu bilden, oder dass der Film das Geld nicht einspielt, das gleichzeitig dann auch für andere Produktionen des Studios fehlt ? 🤔 Ich hab sogar Teil 3 im Kino gesehen und bin seit 1990 selbständig im Bereich Filmindustrie, aber so jungen Leuten die… Weiterlesen »