Kritik zu Black Mirror Staffel 6: Die neuen Folgen haben mehr als nur ein Problem!

Auf Netflix sind fünf neue Folgen der Anthologie-Serie Black Mirror erschienen. Wie gut die einzelnen Folgen sind und ob sich Staffel sechs lohnt, erfahrt ihr jetzt!

Lesezeit: ca. 8 Minuten

Wie gut ist Black Mirror Staffel 6? 

Lange mussten wir uns gedulden, vor wenigen Tagen sind jetzt aber endlich fünf neue Folgen der dystopischen Anthologie-Serie Black Mirror beim Streaming-Giganten Netflix erschienen. Und bevor ich zur Besprechung der einzelnen Folgen im Detail komme, direkt mal eine Sache vorneweg: Ja, die neuen Folgen von Black Mirror lohnen sich! Sie sind sogar größtenteils richtig gut!

Trotzdem hab ich natürlich auch den ein oder anderen Kritikpunkt, den ich unbedingt loswerden will. Und die Qualität der einzelnen Folgen unterscheidet sich auch massiv. Deswegen hab ich mich dazu entschieden, in diesem Artikel zu jeder Folge eine kleine Mini-Kritik mit all den Dingen, die mir gefallen und nicht gefallen haben, zu schreiben. Viel Spaß! Wenn ihr noch wissen wollt, warum ich eigentlich kein großer Fan von Netflix bin, klickt doch mal hier.

Folge 1:  Joan Is Awful

In Joan Is Awful geht es eigentlich um eine ganz normale Frau, die einfach vor sich hinlebt. Stressiger Bürojob mit nicht immer den einfachsten Aufgaben. Eine Beziehung, die auch schon mal besser lief. Ein Haus, ein Auto, eine Küche. Also nix besonderes. Nur wäre Black Mirror nicht Black Mirror, gäbe es hier nicht den ein oder anderen höllischen Twist.

Eines Abends nämlich, Joan und ihr Freund (oder Ehemann, wer weiß das schon?) wollen einen gemütlichen Abend auf der Couch verbringen und einfach nur ein bisschen “Streamberry & Chill” äh… durchführen. Streamberry, dass ist der fruchtige Abklatsch von Netflix im Black Mirror Universum.

Nur wird dieser gemütliche Fernsehabend schnell zum absoluten Horror, als Joan beim durchscrollen und aussuchen der nächsten Serie auf ihr Ebenbild trifft. Eine Serie über ihr Leben, die von Millionen Streamberry-Abonnenten angeschaut werden kann. Und besonders gut weg kommt sie dabei auch nicht, was ja schon der Name dieser Serie verrät.

Im Laufe dieser Black Mirror Folge entspinnt sich dann ein Netz aus verschiedensten Schreckensvisionen unserer Zukunft: Die totale Überwachung und Verfilmung des Überwachten erinnert nicht ganz zufällig an Fernseh-Phänomene wie Big Brother, mit dem Unterschied, dass Joan ihr Leben eigentlich gar nicht verfilmt sehen will.

Eine viel wichtigere Erkenntnis aus der Folge dürfte aber sein, wie die fiktive Serie “Joan Is Awful” gedreht und produziert wurde. Denn nichts an ihr ist menschengemacht. Vielmehr sorgt eine Künstliche Intelligenz dafür, dass die Drehbücher geschrieben werden und selbst die Schauspieler basieren zwar auf echten Menschen, werden aber genauso vom Computer generiert. 

Der Grund? Nun, so erklärt es die Chefin von Streamberry, die KI wüsste eben am besten, was die Zuschauer sehen wollen. Die KI wüsste am besten, was funktioniert, Zuschauer und somit Umsatz bringt. Die KI könnte am schnellsten neuen “Content” produzieren. Black Mirror zeigt uns hier also eine düstere Version unserer Entertainment-Welt auf, die nur noch aus produziertem “Content” und zielgruppenangepassten Shows besteht. Aber nicht mehr aus echter Kunst, die hinterfragt und uns selbst den Spiegel vorhält.

Eigentlich muss man Netflix ja dafür loben, dass sie hier prinzipiell ihre eigenen Pläne kritisieren. Denn auch der Streaming-Riese plant schon mit KI-kreierten Serien und Filmen und würde wohl am liebsten jedem Abonnenten die passende Show liefern. Die eigentliche Thematik ist also interessant und genau wie ich vertreten die Autoren sicherlich die Auffassung, dass gute Filme und Serien niemals von einer KI stammen können.

Trotzdem verfällt auch Joan Is Awful im letzten Drittel etwas mehr in die typische Hollywood-Action-Nummer. Dann geht es darum, in die Firmenzentrale von Streamberry einzubrechen und die “böse KI” aufzuhalten. Uns ist natürlich allen klar, dass KI sich so sicher nicht stoppen lässt. Dazu kommt eine unnötig komplizierte Erklärung für die Show rund um Joans Leben, die sich in Multiversums-Diskussionen verfängt. Fazit: Interessante Ideen, nicht ganz zu Ende gedacht.

Bewertung: [usr 3,5 text=false size=20]

Anzeige

Folge 2: Loch Henry

Black Mirror Loch Henry Kritik

Die zweite Folge von Black Mirror Staffel 6 handelt von einem jungen Paar, das für einen Dokumentarfilm für einige Tage in die schottischen Highlands zieht und dafür bei der Mutter des Protagonisten unterkommt. Eigentlich wollten sie eine langweilige Doku über schottische Eier drehen, als plötzlich ein ganz anderes Thema spannend wird:

Vor Jahren soll in dem beschaulichen Ort, in dem sie gerade unterkommen, ein grausamer Serienmörder sein Unwesen getrieben haben. So eine Story eignet sich doch perfekt für eine überdramatisierte True-Crime-Doku für einen gewissen Streaming-Giganten, oder? Und mehr Geld als mit einer Doku über Eier lässt sich damit sicher auch machen.

Also, die Kamera raus und draufhalten! Es werden Interviews gedreht, es wird mit Drohnen die schottische Landschaft gefilmt und es wird ganz in Found-Footage-Manier in verlassene Serienmörder-Häuser eingebrochen. Nur stellt sich bei den Nachforschungen, die die beiden zusammen mit einem alten Freund anstellen, bald heraus, dass die ganze Sache viel größere Wellen schlagen könnte, als geplant. 

Schlag auf Schlag spitzen sich die Ereignisse in dieser Folge von Black Mirror zu, bis sie uns mit einem interessanten, aber irgendwie auch entlarvenden Interview zurücklassen. Zusammenfassend also einerseits ziemlich vorhersehbar, aber auch spannend inszeniert und mit einer tollen Prämisse. Nur die Charaktere werden nicht so recht ausgearbeitet und bekommen wenig Raum zum Atmen. Eine etwas längere Laufzeit hätte dieser Folge gut getan.

Bewertung: [usr 3 text=false size=20]

Anzeige

Folge 3: Beyond the Sea

Black Mirror Beyond the Sea Kritik

Beyond the Sea handelt von zwei Raumfahrern, die im weiten Weltraum fern der Erde unterwegs sind. Um mit ihren Familien und Freunden trotzdem in Kontakt zu bleiben, verbringen die beiden Männer die meiste Zeit auf dem Raumschiff in einer Art Koma. Während diesem Koma werden sie mit exakt gleich aussehenden Robotern auf der Erde verbunden und können solange ein “normales” Leben führen, bis die Uhr an ihrem Handgelenk zu piepsen beginnt.

Dann werden die zwei wieder in ihr echtes Leben weit weg von intelligenten Leben versetzt. Im Laufe dieser Folge von Black Mirror erleben wir zunächst eine Katastrophe, die einem der Raumfahrer widerfährt. Die hat so große Auswirkungen, dass sie das Leben der beiden komplett verändert und deutlich schwieriger macht. Denn der Roboter von einem der Protagonisten wird auf der Erde ermordet. 

Daraufhin beginnt der Betroffene, in eine tiefe Krise zu stürzen. Einziger Ausweg? Sein Kollege auf dem Raumschiff bietet ihm an, für kurze Zeit in sein Leben einzutauchen.
Und somit beginnt eine Story, deren Wendungen und Kniffe man schon aus der Ferne vorhersehen kann. Zwei Menschen – nur ein Körper. Und eine Familie, ein Leben, dass gelebt werden darf. 

Beyond the Sea ist hervorragend inszeniert, bietet einige wirklich emotionale Momente und erinnert am ehesten an alte “Black Mirror”-Folgen. Gleichzeitig ist diese Folge der Netflix-Serie aber auch unglaublich vorhersehbar und erzählt prinzipiell nichts Neues. Trotzdem: Eine der stärksten Episoden seit langem.

Bewertung: [usr 4 text=false size=20]


Auch interessant:


Anzeige

Folge 4: Mazey Day

Anders als bei der letzten Folge haben wir es hier mit einer Folge zu tun, die ziemlich wenig mit dem eigentlichen Konzept von Black Mirror zu tun hat: Wie beeinflusst und verleitet moderne Technik uns als Menschen? Darum geht es hier, genau wie bei Folge 5, zu der ich gleich noch komme, gar nicht. Vielmehr wird zwar auch gesellschaftskritisch ein bestimmtes Phänomen aufgegriffen, allerdings nicht etwa durch die Darstellung von Technologie aus der nahen oder fernen Zukunft. 

Nein, viel mehr mit einem uns ziemlich bekannten Phänomen: Paparazzi, die Prominenten auf die Nerven gehen. Ein solches Phänomen hat schon Lady Diana das Leben gekostet, und in dieser Folge Black Mirror wird das Ganze auf die Spitze getrieben: Eine junge Frau verdient ihren Lebensunterhalt mit Fotos von berühmten Leuten. Bisher ist sie eher angewidert von ihren Kollegen, die möglichst peinliche oder entlarvende Bilder ihrer “Opfer” machen wollen.

Als sich ihr jedoch die Gelegenheit bietet, für richtig viel Geld einer Prominenten, die als verschollen gilt, auf die Pelle zu rücken, lässt sie sich die Chance nicht entgehen. Auch hier muss ich wieder vorsichtig sein, nicht alles zu spoilern. Nur so viel: Die Folge beginnt recht vielversprechend, endet allerdings in einer, nicht nur für unsere Protagonisten, sondern auch für die Zuschauer, dramaturgischen Vollkatastrophe. 

Denn obwohl Black Mirror schon früher mit übersinnlichen Kräften gespielt hat, geht das hier einerseits – dem Kontext des Plots entsprechend – viel zu weit und ist zudem vollkommen Fehl am Platz. Übrig bleibt dann eine Folge, in der eigentlich sämtliche Charaktere zu jeder Zeit unsympathisch sind und zudem die absolut dämlichsten Entscheidungen treffen. Von den “Special-Effects” möchte ich an dieser Stelle gar nicht anfangen.

Bewertung: [usr 2 text=false size=20]

Anzeige

Folge 5: Demon 79

Black Mirror Demon 79 Kritik

So, abschließen will ich diesen Artikel aber nicht auf einer negativen Note, sondern mit meiner Lieblingsfolge aus Staffel sechs von Black Mirror. Demon 79 ist zwar, ähnlich wie die vorangegangene Folge, keine “klassische” Episode der Anthology-Serie, weiß damit aber deutlich besser umzugehen als Mazey Day! Ich hab meine Meinung auf Twitter eigentlich schon genug kundgetan, als ich geschrieben hab, dass diese Folge die einzige aus der neuesten Staffel war, die mich zu Tränen gerührt hat (und wurde dabei noch von watson zitiert, lol).

Allerdings will ich das an dieser Stelle nochmal genauer ausführen: Demon 79 hat eigentlich nix mit Black Mirror zu tun und ist mehr in die Richtung Horror-Kurzfilm einzuordnen. Eine junge Inderin, die in London lebt und dort in einem Schuhgeschäft arbeitet, wird eines Nachts von einem Dämonen heimgesucht, der sie dazu auffordert, drei Menschen ihrer Wahl zu töten, da sonst die Welt untergeht. 

Obwohl sie anfänglich an seinen Worten zweifelt, entscheidet sie sich dazu, seine Forderung zu erfüllen und macht sich gleich auf den Weg, ihr erstes Opfer zu finden. Im Laufe dieser Folge begleiten wir die junge Frau bei ihren Taten, zu denen der Dämon, der sich mittlerweile in den Lead-Sänger der Band “Bony M” verwandelt hat, immer was zu sagen hat. Denn er weiß, welche schlimmen Taten die Opfer unserer Protagonistin so zu verantworten haben. Einer schlägt und missbraucht seine Tochter, ein anderer war lange Jahre als Serienmörder im Knast gesessen.


Auch interessant:


Also beschließt sie, dass diese Morde ja gerechtfertigt sind. Es gibt nunmal Menschen, die es weniger verdient haben, zu leben, als andere. Oder? Dass diese Logik so ihre Lücken hat, wird im Laufe der Folge natürlich irgendwann klar. Und obwohl Demon 79 in erster Linie ein Horror-Slasher mit Empowerment-Message sein will, kristallisiert sich doch auch ein Funke Gesellschaftssatire heraus. Spätestens als es darum geht, einen Politiker für seine (möglicherweise) zukünftigen Taten zu ermorden.

Und dann wäre da noch das Ende, dass ich hier keinesfalls spoilern will, mich aber zum einen traurig und zum anderen unglaublich glücklich zurückgelassen hat. Es ist nihilistisch, aber auch so schön. Und kann nebenbei noch als Allegorie für den Klimawandel, unsere ignorante Gesellschaft und all das, woran man ganz individuell im Moment des Endes denkt, interpretiert werden. Ich kann nur eins festhalten: Jeder wird aus dieser Folge von Black Mirror mit anderen Gefühlen und Gedanken entlassen. Und das ist doch das, was Kunst ausmacht. Egal, ob hier die klassische “Black Mirror”-Formel umgesetzt wird oder nicht.

Bewertung: [usr 4,5 text=false size=20]

Anzeige

Fazit: Gemischte Gefühle

Was bleibt von Staffel sechs der Erfolgsserie Black Mirror? Schwer zu sagen, wie auch schon bei Staffel fünf. Es gab definitiv mehr Highlights und gute Folgen als noch in der letzten Staffel. Trotzdem fehlt irgendwie die Würze, die Black Mirror früher einmal ausgemacht hat. Klar, mit Demon 79 hat man meiner Meinung nach ein Meisterwerk geschaffen. Aber dieses Meisterwerk hätte auch als alleinstehendes Kunstwerk ohne die Marke Black Mirror hervorragend funktioniert. 

Ich kann die Macher der Serie verstehen, wenn sie aus der klassischen Formel der Netflix-Serie ausbrechen wollen. Aber warum dann nicht was ganz eigenes kreieren? Andererseits freue ich mich darüber, dass den Machern so viel kreative Freiheit gegeben wird. Das funktioniert manchmal, wie in Demon 79 oder Joan is Awful, und manchmal eben nicht, wie in Mazey Day. Froh sollte man über die neue Staffel von Black Mirror trotzdem sein, da sie eine der wenigen Serien ist, für die sich ein Abo bei Netflix wirklich lohnt.

Denn eigentlich geizt der Streaming-Riese in letzter Zeit mit qualitativ hochwertigen Produktionen und setzt lieber auf das Motto: “Mehr ist gleich besser!”. Warum das nicht funktioniert, habe ich schon vor einer ganzen Weile in einer Kolumne festgehalten. Aber wie seht ihr das: Hattet ihr Spaß mit den neuen Folgen und was ist euer ganz persönliches Ranking der sechsten Staffel von Black Mirror? Schreibt das gerne mal in die Kommentare!


Black Mirror lässt mich mit gemischten Gefühlen zurück: Einige Folgen der neuen Staffel waren hervorragend, eine würde ich gar als Meisterwerk bezeichnen. Andere wiederum fallen qualitativ im Vergleich stark ab. Manche Episoden der sechsten Staffel entfernen sich vom „klassischen“ Konzept von Black Mirror. Das kann klappen, muss es aber nicht. Selbst wenn man beim altbewährten Konzept der Technologiekritik bleibt, kommt nicht immer etwas Gutes dabei heraus.

Letterboxd ->

Bewertung:

3,5


Black Mirror kann seit 16. Juni auf Netflix gestreamt werden.

© Copyright aller Bilder bei Netflix.

Jetzt teilen


*Dieser Artikel kann Affiliate-Links zu unseren Partnern enthalten.

Lukas Egner

Ich bin der Gründer von filmfreitag und schaue leidenschaftlich gerne Filme und Serien aus jedem Genre. Ich bin 21 Jahre alt, studiere momentan Politik- und Medienwissenschaften und schreibe als freier Autor für verschiedene Film- und Videospielmagazine.

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
3 Kommentare
Inline Feedbacks
View all comments
Langer
Langer
17. November 2023 0:36

Bisschen auf teletubbyniveau die ‚Besprechung‘

Zarpantor96
Zarpantor96
26. Juni 2023 7:23

Danke für die einzelnen Reviews! Ich bin größtenteils begeistert von den neuen Folgen, fand aber v.a. Joan is Awful fast bisschen zu „Meta“. Naja, die anderen Folgen fand ich aber eogentlich alle empfehlenswert! Noch ne kurze Frage: Wird es bei dir hier auch zum neuen Indy ne Review gebn?
LG