Gestern Nacht wurden in Los Angeles zum 94. Mal die Oscars verliehen. Wer bei den Academy Awards abräumen konnte und wer leer ausging erfahrt ihr hier!
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Die Highlights und Lowlights der Oscars 2022
Wurden die Oscars letztes Jahr aufgrund der Corona-Pandemie noch in der kleinen Union-Station in LA ausgetragen, fanden sie dieses Jahr wieder mit allem Glanz und Glamour im Dolby Theater statt. Der Rote Teppich kehrte zurück, die Oscars hatten wieder echte Hosts und mehr denn je bekam man Stars und Sternchen von Billie Eilish bis Will Smith und von Lady Gaga bis Zendaya zu Gesicht.
Doch wie immer war die Show im Allgemeinen eher langwierig, es gab zu viele gezwungen lustige Momente, die überhaupt nicht funktionierten. Die drei Hosts, dieses Jahr alle weiblich, machten zumindest dabei, irgendwie geordnet durch den Abend zu führen, einen ganz guten Job. Trotzdem zündete nur etwa jeder dritte Gag, die meisten Kommentare und Witzchen fühlten sich belanglos und in die Länge gezogen an.
Deswegen stellt sich umso mehr die Frage, warum ganze acht Kategorien, darunter Bester Schnitt und Beste Filmmusik, dieses Jahr in den Werbepausen verliehen wurden. Weder die Ankündigung der Nominierten noch die Dankesreden konnte man in klassischer Oscar-Manier sehen. Diese acht Kategorien wurden zusammengeschnitten, um dafür Platz für schlechte Witze und belanglose Auftritte von Altstars zu schaffen.
Klar, es ist schön und auch irgendwie episch, 50 Jahre nachdem Der Pate in den Kinos lief, Francis Ford Coppola, Robert de Niro und Al Pacino wieder vereint auf der Bühne zu sehen. Aber die acht Kategorien, die dafür außen vorgelassen wurden, gehören eben genauso zu einer Filmproduktion wie das Drehbuch oder der Regisseur. Für mich war das in dem Moment ziemlich respektlos gegenüber den Gewinnern, v.a. auch deshalb, weil sogar ihre Dankesreden zusammengeschnitten wurden.
Apropos Dankesreden: Die waren in diesem Jahr sehr neutral gehalten, es gab kaum politische Botschaften. Weder besonders emotional noch irgendwie witzig. Aber trotzdem in den allermeisten Fällen angemessen. Nur ein Moment wird wohl für immer in die Geschichte der Oscars eingehen: Als Chris Rock auf der Bühne steht und die nächste Kategorie ankündigen will, macht er noch einen schlechten Witz über die Frau von Will Smith. Und einen Moment später steht ebenjener schon auf der Bühne und verpasst Chris Rock eine Ohrfeige.
Dass das nicht geskriptet war, merkt man schon an den verdutzten Gesichtern aus dem Publikum, spätestens aber dann, wenn man die Reaktion von Chris Rock sieht, der überhaupt nicht auf den Moment vorbereitet ist und zunächst komplett verwirrt scheint. Welche Konsequenzen eine solche Aktion haben wird, wird sich wohl noch zeigen. Ein besonders gutes Licht wirft sie aber auf Will Smith definitiv nicht.
Das sind die Gewinner aus den technischen Kategorien
Beste visuelle Effekte: Dune
Bestes Produktionsdesign: Dune
Bester Schnitt: Dune
Bestes Make Up: The Eyes of Tammy Faye
Bestes Kostümdesign: Cruella
Bester Orginalfilmsong: No Time to Die (Billie Eilish) für James Bond
Beste Filmmusik: Dune
Bester Sound: Dune
Beste Kamera: Greig Fraser für Dune
Oscar für den Besten Internationalen Film
In der Kategorie rund um den besten internationalen Film gab es vor zwei Jahren ja die große Sensation. Damals gewann Parasite aus Südkorea nicht nur diese Kategorie, sondern auch die des Besten Films im Allgemeinen. Etwas, was vorher noch keinem anderen Film gelang. Dieses Jahr ist es in dieser Kategorie etwas ruhiger und nichtsdestotrotz gibt es unter den Nominierten eigentlich nur Highlights:
Da wäre The Hand of God aus Italien, der extem gut sein soll. Oder The Worst Person in the World von Joachim Trier aus Norwegen, über den ich schon letztes Jahr im Rahmen meiner Highlights vom Filmfestival in Cannes geschrieben habe. Und auch Luana aus Bhutan und Flee aus Dänemark sind sehr gute Filme. Gewinnen konnte aber natürlich trotzdem nur einer, und der kommt wie schon vor zwei Jahren Parasite ebenfalls aus dem asiatischen Raum, genauer gesagt aus Japan. Und auch über diesen Film habe ich während der Filmfestspiele in Cannes schon berichtet.
Gewinner: Drive My Car von Ryusuke Hamaguchi
Oscar für die Beste Regie
Auch beim Academy Award für die Beste Regie sind einige Hochkaräter nominiert gewesen. Mein persönlicher Favorit, nämlich Paul Thomas Anderson für Licorice Pizza, den ich auch im Ranking meiner besten Filme 2021 platziert habe, hat es leider nicht geschafft. Auch Steven Spielberg für West Side Story geht leer aus. Und auch wenn Drive My Car der beste internationale Film ist, hat es für den Regisseur Ryusuke Hamaguchi nicht gereicht. Kenneth Branagh, der mit seinem Film Belfast ein sehr persönliches Werk geschaffen hat, konnte die Academy auch nicht vollends überzeugen. Gewonnen hat letztendlich der Film, der eh schon für die meisten Oscars, nämlich für ganze 12 Stück, nominiert war.
Gewinner: Jane Campion für The Power of the Dog
Oscar für den Besten Hauptdarsteller
Wer denn jetzt der beste Schauspieler in diesem Jahr war, das kann man eigentlich nie zu 100 Prozent sagen. Alle Nominierten jedenfalls haben fantastische Performances hingelegt. Zwar fand ich Andrew Garfield in tick, tick… Boom wenig außergewöhnlich. Und auch Javier Bardem in Being the Ricardos hat schon besseres geleistet. Aber gerade Benedict Cumberbatch in The Power of the Dog und Denzel Washington für seine Rolle in The Tragedy of Macbeth haben den Oscar bestimmt genauso verdient wie der Gewinner in dieser Kategorie.
Gewinner: Will Smith für King Richard
Oscar für die Beste Hauptdarstellerin
In der Kategorie Beste Hauptdarstellerin gab es wohl eine kleine Überraschung. Denn weder Olivia Coleman für The Lost Daughter noch Penelope Cruz für Parallele Mütter konnten den begehrten Preis abräumen. Auch Nicole Kidman für Being the Ricardos und Kristen Stewart, die die Rolle der Prinzessin Diana, die 1997 bei einem tragischen Autounfall ums Leben kam, verkörperte, gingen leer aus.
Gewinner: Jessica Chastain für The Eyes of Tammy Faye
Oscar für den Besten Film
Kommen wir zur wichtigsten Kategorie der Oscars. Hier werden jedes Jahr die zehn besten Filme geehrt. Letztes Jahr war das Nomadland, den ich ziemlich fantastisch fand. Aber auch in diesem Jahr waren einige Hochkaräter dabei, wenn auch nicht so viele wie letztes oder vor zwei Jahren. Klar, Dune muss auf so eine Liste. Der hat schließlich nicht nur Kritiker, sondern auch Fans überzeugt, wie ihr in meiner Kritik nachlesen könnt. Auch Don’t Look Up fand ich persönlich hervorragend, nicht ohne Grund ist er letztes Jahr mein Lieblingsfilm gewesen.
Guillermo del Toro konnte mich mit Nightmare Alley ebenfalls überzeugen, der bei den Oscars leider etwas zu kurz kam. Wie ich oben schon erwähnte, fand ich auch Licorice Pizza fantastisch. Und mit Drive my Car war auch ein Film aus Japan nominiert. Selbst Filme wie Belfast, King Richard oder West Side Story sind zwar weit entfernt von dem perfekten Film, verdienen aber natürlich trotzdem irgendwie einen Platz auf dieser Liste.
Auch wenn ich so einige Filme, wie etwa Titane, Last Night in Soho, Pig oder The French Dispatch sehr vermisst habe. Der große Favorit war in diesem Jahr nämlich der Netflix-Film The Power of the Dog. Und zu meiner und der Überraschung vieler anderer gewann er trotzdem nicht, obwohl er das Zeug dazu hatte.
Gewinner: CODA
Alle weiteren Gewinner der Oscars 2022
Bester Nebendarsteller: Troy Kotsur für CODA
Beste Nebendarstellerin: Ariana de Bose für West Side Story
Bestes Originaldrehbuch: Belfast
Bestes adaptiertes Drehbuch: CODA
Bester Dokumentarfilm: Summer of Soul
Bester Animationsfilm: Encanto
Bester Dokumentarkurzfilm: The Queen of Basketball
Bester animierter Kurzfilm: The Windshield Wiper
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Fazit
Mit sechs Oscars ist Dune der klare Gewinner der diesjährigen Oscars. Auch wenn die Kategorien, in denen der Film von Dennis Villeneuve gewonnen hat, nicht zu den großen Hauptkategorien zählen, ist das trotzdem eine bemerkenswerte Leistung. Am überraschendsten war für mich der Gewinn von CODA als bester Film, da im Vorfeld The Power of the Dog als klarer Favorit gehandelt wurde.
Will Smith hat für seine Leistung in King Richard verdientermaßen einen goldenen Jungen mit nach Hause genommen, auch wenn sein gewalttätiger Aussetzer kurz vor seinem großen Moment einen Schatten auf den Preis wirft. Mit The Power of the Dog gewinnt übrigens erst die dritte Frau einen Regieoscar, zuvor war das nur Cloe Zao für Nomadland und Kathryn Bigelow für The Hurt Locker gelungen.
Und wie jedes Jahr merkt man auch in diesem Jahr, dass die Oscars immer mehr an Relevanz verlieren. Deswegen wurden auch so komische Halbkategorien, eingeführt, bei denen auf Twitter über den besten Film abgestimmt wurde, und man direkt einen der schlechtesten aus dem letzten Jahr gewählt hat, nämlich Army of the Dead. Auch die Entscheidung, ganze acht Kategorien in der Werbepause zu verleihen fand ich fragwürdig und respektlos.
Und trotzdem sind die Oscars immer noch der größte Filmpreis und erzeugen für unser aller Lieblingsmedium eben eine dringend benötigte Aufmerksamkeit. Vor allem nach der Corona-Pandemie tun sich die Kinos schwer, neben Marvel-Filmen auch in anderen Filmen die Säle voll zu bekommen. Alles in allem ein zweischneidiges Schwert. Trotzdem: Glückwunsch an alle Gewinner der diesjährigen Academy Awards!
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