The Impossible Kritik: Melodramatik in den Tropen

The Impossible handelt von der wahren Geschichte von Überlebenden eines Tropensturms. Ob der Film von J.A. Bayona mich ebenfalls im Sturm erobern konnte, findet ihr in der Filmkritik heraus!

Lesezeit: ca. 6 Minuten

Um was geht’s?

Sonne, Strand und schönes Wetter. Eigentlich die perfekte Kombination für einen entspannten Urlaub in Thailand. Aber als ein tödlicher Tsunami auf sie zurollt, wird das Urlaubsparadies für eine Familie zum Horrortrip.

The Impossible erzählt die wahre Geschichte einer Familie, die an Weihnachten 2004 Urlaub in Thailand machte. Am 26. Dezember kam es im Indischen Ozean zu einem Erdbeben der Stärke 9,1, welches einen Tsunami zur Folge hatte. Und ebendieser Tsunami überrollte auch ein Tourismus-Gebiet namens Khao Lak, in dem sich eine spanische Familie aufhielt.

Diese wahre Geschichte wurde 2012 von J.A. Bayona, der sich unter anderem für „Meisterwerke“ wie „Jurassic World: Fallen Kingdom“ verantwortlich zeigt, verfilmt. Die spanische Familie wurde durch eine amerikanische ersetzt und wird unter anderem durch Naomi Watts, Ewan McGregor und den jungen Tom Holland verkörpert.


Filmkritik zu The Impossible

The Impossible ist unter anderem durch seine explizite Darstellung von Gewalt und körperlichen Verletzungen bekannt geworden. Gleichzeitig wird diese Gewaltdarstellung von Kritikern oft negativ bewertet. Ich fand, dass genau das den Film auszeichnet:

Er scheut sich nicht davor, die Schrecken eines Tsunamis auch als solche darzustellen. Wir sehen eine Mutter, deren Bein aufgerissen ist, ihren Sohn, der diesen Anblick kaum aushält. Wir sehen die unterirdischen Zustände in den völlig überfüllten Krankenhäusern nach der Katastrophe.

Und wir erleben die Eindrücke, die all das bei den einzelnen Menschen im Film hervorruft. Es ist einfach unglaublich packend und mittreißend, einen Sohn zu sehen, der seiner Mutter vermeintlich beim Sterben zusieht. Die explizite Darstellung zieht einen mehr und mehr in das Geschehen hinein. Es macht den Zuschauer in manchen Momenten selbst zum Protagonisten, selbst zum Opfer des Tsunamis.

The Impossible mag sehr viel Gewalt zeigen. Aber anders als in vielen Filmen wird diese hier nicht für Schockmomente oder einfach plump zum Selbstzweck genutzt. Nein, dieser Film weiß genau, wann er Gewalt einsetzen muss, um die Geschichte zu transportieren. Um die Emotionen der Protagonisten zu zeigen. Und auch, um die vierte Wand einzureißen und den Zuschauer völlig im Film aufgehen zu lassen.

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Gewaltorgie oder realitätsnahe Dokumentation?

The Impossible Strand

Dem sich logisch anschließend sind die Charaktere und ihre Darstellung und Entwicklung im Film. Natürlich stecken die Protagonisten, verkörpert von Naomie Watts, Ewan McGregor und Tom Holland voller Klischees. Aber wie sollte man eine solche Handlung, wie wir sie hier erleben, auch anders erzählen? Nur wenn der Zuschauer erkennt, dass diese Familie eine wie jede andere ist, kann er die schrecklichen Dinge, die ihr passieren, auch nachvollziehen und sich emotional darin wiederentdecken.

Und auch wenn ich oben geschrieben habe, dass hier viele Klischees zum Tragen kommen, muss ich doch sagen, dass mir die Protagonisten im Film durchweg gefallen haben. Wir haben die sich sorgende Mutter, die aber aus eigener Kraft nicht weit kommt. Wir haben ihren ältesten Sohn, der sich um sie kümmert, aber gleichzeitig seine magische Beziehung zur eigenen Mutter verliert, als diese sich als normaler Mensch mit Schwächen entpuppt.

Wir haben den Vater, der auf der Suche nach seiner Frau und seinem Sohn ist. Und ja, sogar die zwei jüngeren Brüder rühren zu Tränen. Sie haben eine unglaublich emotionale Bindung zueinander, die durch ihre Erlebnisse noch gestärkt wird. Wer in diesem Alter schon so überzeugend schauspielern kann, der gehört gewürdigt!

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Melodramatik, ja bitte! Oder?

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Ich und meine Freunde nach dem Lockdown: Melodramatisch wie in „The Impossible“.

OK, der Film macht scheinbar einiges richtig. Aber wie bei fast allem gibt es auch hier Licht und Schatten. Denn die oft überspitzen Darstellungen des Ganzen und die mehr als einmal durchblickende Melodramatik tut dem Streifen nicht immer gut.

Doch was genau meine ich damit? Nun, zum einen erzählt der Film zwar eine wahre Geschichte, verändert diese aber an einigen Stellen. „Na, klar“, werden jetzt einige sagen, „dass ist ja auch ein Hollywood-Film“. Mir geht es aber nicht unbedingt um die Veränderung an sich, sondern wie diese an vielen Stellen inszeniert wird.

J.A. Bayona versteht sich wohl darauf, sowohl dramatische als auch emotional „positive“ Momente des Films zu überdramatisieren. Da jetzt einzelne Szenen zu nennen, würde natürlich die Handlung für all jene, die den Film noch nicht gesehen haben, vorwegnehmen.

Aber die allgemeine Schlussfolgerung bleibt: The Impossible ist selten subtil, sondern inszeniert das, was er erzählen will, genauso, wie es beim Zuschauer ankommen soll. Da bleibt wenig Raum für Interpretation oder gar eine Metaebene.

Keine Metaebene haben übrigens auch die meisten Folgen der 3. Staffel von „Love, Death and Robots“. Meine Review dazu findet ihr hier.


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Das große Aber

Es gibt eine weitere Schattenseite: Die Möglichkeiten eines Films, der auf „wahren Begebenheiten“ basiert und wie dieser Umstand missbraucht werden kann. Am Anfang von The Impossible wird das ja extra noch hervorgehoben. Allerdings wird genau diese angebliche Authentizität dem Film an einigen Stellen zum Verhängnis.

Wenn etwa plötzlich das Unmögliche scheinbar möglich ist, dann ist das natürlich eine Referenz auf den Filmtitel, The Impossible, „Das Unmögliche“. Aber wenn man das dann als Ausrede benutzt, um wirklich in die unrealistischsten Situationen doch eine Möglichkeit hineinzuschreiben, wird das nicht nur den Opfern des tatsächlichen Tsunamis nicht gerecht.

Auch geht die aufgebaute Glaubwürdigkeit, die der Film anfangs ja durchaus zu vermitteln weiß, verloren. (Achtung Spoiler!) Als Zuschauer wird man vielleicht wissen, dass am Ende alle überleben und wieder zusammenfinden. Die Frage ist aber, inwiefern der Weg dahin auch ebenso auf „wahren Begebenheiten“ basiert, oder nicht einfach durch Hollywood hinzugedichtet wurde.

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Fazit & Bewertung

Hm, es ist schwierig, für diesen Film ein endgültiges Schlusswort zu finden. Eigentlich hat mir The Impossible bis zu einem gewissen Punkt ganz gut gefallen, allerdings verspielt der Film viele Symphatien durch fragwürdige Inszenierungen und unglaubwürdige Melodramatik.

In zwei Drittel des Films wird der Zuschauer regelrecht hineingesogen, im letzten Drittel weicht diese Verbundenheit aber einer melodramatischen Inszenierung. Und auch über das eigentliche Ende lässt sich streiten. Klar, der Film basiert auf einem wahren Schicksal, trotzdem hinterlässt er einen komischen Beigeschmack, wenn man bedenkt, dass bei dem Tsunami 2004 ca. 230 000 Menschen umgekommen sind.

Letztendlich hat der Film trotzdem seine Daseinsberechtigung. Er erzählt spannend und emotional über die Schrecken eines Tsunamis, der eine Familie im vermeintlich sicheren Urlaub überrollt. Auch können wir uns in alle Protagonisten hineinversetzen und verstehen, wie und warum sie handeln. Die Achillisverse des Streifens ist aber seine manchmal unglaubwürdige Erzählung und die übertrieben emotionale Inszenierung an vielen Stellen.

Übrigens muss an dieser Stelle auch mal erwähnt werden, wie toll vor allem Naomie Watts und Tom Holland ihre Rollen verkörpern! Dafür gab es zu Recht eine Oscar-Nominierung. Einzig Ewan McGregor hätte meiner Meinung nach noch mehr gekonnt.

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© Copyright aller Bilder bei Concorde Home Entertainment.

Dieser Beitrag erschien schon einmal am 2. Juni 2021 auf diesem Blog

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Lukas Egner

Ich bin der Gründer von filmfreitag und schaue leidenschaftlich gerne Filme und Serien aus jedem Genre. Ich bin 21 Jahre alt, studiere momentan Politik- und Medienwissenschaften und schreibe als freier Autor für verschiedene Film- und Videospielmagazine.

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